Entscheidungsstichwort (Thema)

Mieterhöhung: Berücksichtigung des Freiburger Mietspiegels bei Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete einer Umlandgemeinde

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete für eine Umlandgemeinde (ohne Mietspiegel) ist der Mietspiegel der Stadt Freiburg mit in die Betrachtung einzubeziehen, wenn es ansonsten zu nicht hinnehmbaren Ungereimtheiten zwischen städtischen und außerstädtischen Wohnungen käme.

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Staufen vom 24.09.2001 - Az.: 2 C 525/99 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, einer Erhöhung der bisherigen Grundmiete von 675,-- DM für die im Haus der Klägerin in B. K., F.-Weg ... gemietete 2 1/2-Zimmer-Wohnung (auch über die von ihm teilweise anerkannte Erhöhung dieser Miete um DM 25,-- hinaus) auf 745,-- DM monatlich mit Wirkung ab 01.10.1999 zuzustimmen.

II. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Von den Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin 68 % und der Beklagte 32 %, von denen des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 47 % und der Beklagte 53 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

<Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Tatbestand wurde vom Gericht nicht mitgeteilt.>

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.

I.

Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich insbesondere daraus, dass die Berufungssumme nach § 511a ZPO a.F. erreicht ist.

Teilweise wird der Rechtsmittelstreitwert in Mieterhöhungsverfahren unter Heranziehung der Regelung in § 16 Abs. 5 GKG im Rahmen von § 3 ZPO mit dem einjährigen Erhöhungsbetrag berechnet (so etwa LG Saarbrücken, WuM 1998, 234 f.). Danach wäre die Berufungssumme im vorliegenden Fall nicht erreicht. Vielfach wird im Rahmen von § 3 ZPO auch der dreijährige Erhöhungsbetrag angesetzt (so etwa LG Nürnberg-Fürth, WuM 1996, 158 f.).

Nach nunmehr herrschender Ansicht ist der Rechtsmittelstreitwert in Mieterhöhungsverfahren in Analogie zu § 9 ZPO zu bestimmen, so dass der dreieinhalbjährige Erhöhungsbetrag heranzuziehen ist (s. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 7. Aufl., 1999, § 2 MHG, Rn. 609 f. m.w.N. sowie insbes. BVerfG, NJW 1996, 1531). Für die analoge Anwendung des § 9 ZPO spricht nach Ansicht der Kammer, dass sich das Zustimmungsverlangen wirtschaftlich kaum von einer Zahlungsklage auf den höheren Mietzins als wiederkehrende Leistung unterscheidet. Unzutreffend ist es dagegen, § 16 Abs. 5 GKG heranzuziehen, da Gebühren- und Rechtsmittelstreitwert streng auseinander zu halten sind. Der Rechtsmittelstreitwert beträgt somit 3.570,-- DM, so dass die Berufung zulässig ist.

II.

Die Berufung des Beklagten ist teilweise begründet. Die Mieterhöhungsklage hat nur in geringerem Umfang Erfolg, als das Amtsgericht erkannt hat. Der Beklagte schuldet Zustimmung zu einer Mieterhöhung nicht auf 785 DM, wohl aber auf 745 DM.

Das Gutachten des Sachverständigen R. stellt nur eine unter mehreren Erkenntnisquellen dar. Sein Ergebnis, wonach die ortsübliche Vergleichsmiete 785 DM beträgt, kann die Kammer nicht voll überzeugen.

1. Die Bedenken des Beklagten gegen die grundsätzliche Verwertung des Sachverständigengutachtens sind allerdings unbegründet.

Die Kammer verkennt nicht, dass an Sachverständigengutachten in Mieterhöhungsverfahren von der Rechtsprechung insbesondere des Bundesverfassungsgerichts strenge Anforderungen gestellt werden. So kann es gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip verstoßen, wenn ein solches Gutachten zur Grundlage eines Urteils gemacht wird, ohne dass der Sachverständige die zugrundegelegten Befundtatsachen offenbart, soweit dies nicht aus der anerkennenswerten Gründen wie etwa der Geheimhaltungsbedürftigkeit dieser Tatsachen erfolgt (BVerfG, NJW 1995, 40 f.). Diese Anforderungen wurden in der Rechtsprechung zunächst dahin gehend verschärft, dass allein die fehlende Zustimmung der Mieter von Vergleichswohnungen zur Offenlegung als solche keine Grundlage für die mangelnde Spezifizierung im Gutachten darstellen sollte (BVerfG, NJW 1997, 1909, 1910). Inzwischen ist aber auch in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass je nach den Fallumständen die genaue Beschreibung der herangezogenen Vergleichswohnungen genügen kann (BVerfG, WuM 1998, 13, 14).

Den Anforderungen an die Offenlegung der Befundtatsachen genügt die schriftliche Begutachtung des Sachverständigen für sich genommen nicht. Der Sachverständige beruft sich dort (Gutachten S. 6, AS I 113) auf "von der Ausstattung her ähnliche und vergleichbare Wohnungen der 70er Jahre" sowie auf "Mietpreise vergleichbaren Wohnraums der Baujahre ab 1969, 1979 - 1980". Wie das Bundesverfassungsgericht in den genannten Entscheidungen hervorgehoben hat, müssen die Parteien des Zivilprozesses aus rechtsstaatlichen Gründen in der Lage sein, an der Überprüfung der tatsächlichen Grundlage für die richterliche Entscheidung...

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