Entscheidungsstichwort (Thema)
Ladenmiete im Einkaufszentrum: Durchsetzung einer mietvertraglichen Betriebspflicht im Wege der einstweiligen Verfügung
Leitsatz (amtlich)
Zur Durchsetzung einer mietvertraglichen Betriebspflicht.
Orientierungssatz
Die Erfüllung einer mietvertraglichen Betriebspflicht für ein Ladengeschäft in einem Einkaufszentrum kann nur dann im Wege einer einstweiligen Verfügung verlangt werden, wenn das mit dem ordentlichen Klageweg verbundene Zuwarten zu untragbaren Beeinträchtigungen des Vermieters führen würde.
Nachgehend
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM) Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über die Durchsetzung einer Betriebspflicht in einem angemieteten Ladenlokal.
Mit gewerblichem Mietvertrag vom 19. April/12. Mai 2000 haben die Antragsteller an die Antragsgegnerin ein Ladenlokal in der "K.-Passage" mit einer Nutzfläche von 60,43 m 2 vermietet. Gemäß § 3 Nr.1 dieses Mietvertrages besteht eine Betriebspflicht des Mieters. Das Mietverhältnis kann ausweislich § 4 Nr.2 des Mietvertrages frühestens zum 31. Mai 2011 gekündigt werden.
Die Antragsgegnerin betreibt ein Franchise-Unternehmen und hat Läden an verschiedenen Standorten in Hamburg.
Mit Schreiben vom 3. Juli 2002 hat die Antragsgegnerin das Mietverhältnis fristlos - vorsorglich fristgemäß zum 31. Dezember 2002 - gekündigt mit der Begründung, vermieterseitig sei eine Zusage gemacht worden, es werde ein unmittelbarer Durchgang zur O.-Straße geschaffen werden, welche nicht eingehalten worden sei.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2002 kündigte die Antragsgegnerin an, den Ladenbetrieb im Laufe des Monats Dezember 2002 einzustellen und das Mietobjekt bis Ende 2002 an die Antragsteller herauszugeben.
Die Antragsgegnerin ist in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Hamburg vom 20.12.2002 mit Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 6. Januar 2003 im Wege der einstweiligen Verfügung verpflichtet worden, den Betrieb des von ihr gemieteten Ladenlokals in der K.-Passage als Einzelhandelsgeschäft für Tabakwaren, Rauchartikel, Zeitungen, Zeitschriften, Süßwaren, Lotto-Toto sowie Geschenkartikel über den 31. Dezember 2002 hinaus fortzusetzen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zurückzuweisen, da ein den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung rechtfertigender Verfügungsgrund (§§ 935, 940 ZPO) nicht gegeben ist.
Es kann dahinstehen, ob die Durchsetzung der mietvertraglichen Betriebspflicht im einstweiligen Verfügungsverfahren bereits deshalb nicht verfolgt werden kann, weil eine solche vertragliche Verpflichtung weder als vertretbare Handlung nach § 887 ZPO noch als unvertretbare Handlung nach § 888 ZPO vollstreckt werden kann (in letzterem Sinne OLG Naumburg NJW-RR 1998, 873; OLG Hamm NJW 1973, 1135; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, 7. Aufl., §§ 535, 536 BGB Rd.186; a.A. Jendrek, NZM 2000, 526ff., 530). Denn jedenfalls handelt es sich bei der im Mietvertrag geregelten Betriebspflicht nicht um die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs, sondern um eine eigenständige Leistungsverpflichtung (so auch Jendrek a.a.O. Seite 528f.). Die Erfüllung eines Leistungsanspruchs im Rahmen des auf Sicherung gerichteten einstweiligen Verfügungsverfahrens kann indes nur ausnahmsweise erlangt werden, wenn das mit dem ordentlichen Klageweg verbundene Zuwarten zu untragbaren Beeinträchtigungen führen würde (vgl. etwa Bub/Treier/Fischer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., VIII. Rd.117). Diese allgemeinen Grundsätze gelten auch für den einstweiligen Rechtsschutz zur Sicherung einer Betriebspflicht (so auch LG Hamburg, ZK 7, Beschluss vom 28. Dezember 2000 - 307 O 160/00; LG Hamburg, ZK 34, Beschluss vom 9. April 2001 - 334 O 50/01; a.A. offenbar - allerdings ohne Begründung - Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., II. Rd.276). Im vorliegenden Fall haben die Antragsteller nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht, dass ein solcher Ausnahmetatbestand vorliegt und sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile auf den Erlass der einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung der Betriebspflicht angewiesen sind. Trotz der Schließung des Ladengeschäfts bleibt die Antragsgegnerin zur Fortzahlung des Mietzinses verpflichtet (§ 537 Abs. 1 Satz 1 BGB) und schuldet gegebenenfalls auch Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung (vgl. BGH NJW-RR 1992, 1032, 1034). Falls die Antragsteller den "Imageschaden" des Einkaufszentrums durch den Leerstand des Ladengeschäfts verhindern wollen, bleibt es ihnen unbenommen, das Mietverhältnis mit der Antragsgegnerin fristlos wegen Verletzung der Betriebspflicht zu kündigen und anschließend neu zu vermieten.
Fundstellen
Haufe-Index 1739042 |
WuM 2003, 641 |