Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit eines Folge-Insolvenz-Restschuldbefreiungsantrags in einem Folge-Eigenantragverfahren bei festgestelltem Versagungsgrund und rechtskräftiger Abweisung eines Stundungsantrages im Erstverfahren. Voraussetzungen für eine Verwirkung des Rechts auf Restschuldbefreiung bei Vorliegen eines schuldhaften Pflichtverstoßes des Insolvenzschuldners im vorhergehenden

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Folge-Insolvenz-Restschuldbefreiungsantrag in einem Folge-Eigenantragverfahren ist bei vorhergehender rechtskräftiger Abweisung eines Stundungsantrages in einem Erstverfahren wegen unzweifelhaft feststehenden Restschuldbefreiungsversagungsgrundes nach § 290 Abs. 1 Ziff.6 InsO im Sinne der „Sperrfrist-Rechtsprechung” des BGH auch dann unzulässig, wenn im Erstverfahren der Eigenantrag nach Rechtskraft der Stundungsablehnung zurückgenommen worden ist.

 

Normenkette

InsO §§ 20, 290 Abs. 1 Nr. 6

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.10.2011; Aktenzeichen IX ZB 114/11)

 

Tatbestand

I)

Am 23.6.2010 stellte der Schuldner, rechtsanwaltlich vertreten, unter dem Az. 68c IK 447/10 einen Eigenantrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens. Gleichzeitig beantragte er die Stundung der Verfahrenskosten und die Restschuldbefreiung. In seinem Gläubiger- und Forderungsverzeichnis gab er insgesamt 9 Gläubiger an. Das Gericht gab ein Sachverständigengutachten in Auftrag, in diesem stellte der Gutachter fest, dass er mindestens 18 weitere Gläubiger des Schuldners ermittelt habe, die bereits bei Antragsteilung vorhanden gewesen seien. Die vom Schuldner vorgelegte Gläubigerliste sei somit unvollständig.

Mit Beschl. v. 23.7.2010, zugestellt am 27.7.2010, lehnte das AG daher den Antrag des Schuldners auf Stundung der Verfahrenskosten ab, mit der Begründung, der Schuldner habe durch die Nichtangabe von 18 weiteren Gläubigern den Restschuldversagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO verwirklicht.

Datiert auf den 23.6.2010, eingegangen bei Gericht am 16.8.2010, nahm der Schuldner seinen Antrag auf Eröffnung der Verbraucherinsolvenz zurück.

Am 25.10.2010 stellte der Schuldner unter dem hiesigen Geschäftszeichen nunmehr einen Eigenantrag auf Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens und beantragte die Restschuldbefreiung.

Mit Beschl. v. 10.11.2010 wies das Insolvenzgericht den Antrag auf Restschuldbefreiung als unzulässig zurück. Zur Begründung verwies es auf die rechtskräftige Versagung der Verfahrenskostenstundung in dem Verfahren 68c IK 447/10 wegen § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO. Der Schuldner sei unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung daher mit der Stellung neuer Restschuldbefreiungsanträge für 3 Jahre gesperrt.

Gegen diese Entscheidung legte der Schuldner am 23.11.2010 sofortige Beschwerde ein. Er vertritt den Rechtsstandpunkt, die von dem Insolvenzgericht zitierten Entscheidungen seien nicht einschlägig, da diese lediglich Verfahren beträfen, bei denen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden sei. Im hiesigen Verfahren habe der Schuldner aber den vorherigen Insolvenzantrag vor Rechtskraft des Versagungsbeschlusses zurückgenommen. Die Sperrwirkung der Versagungsentscheidung sei daher nicht eingetreten.

Das Insolvenzgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, mit der Begründung, der Beschluss über die Versagung der Restschuldbefreiung sei nicht zurückgenommen worden, sondern in Rechtskraft erwachsen. Die Zurücknahme des Insolvenzantrags bewirke nicht inzident auch die Rücknahme des Antrags auf Verfahrenskostenstundung. Der BGH stelle in seinen Entscheidungsbegründungen nicht darauf ab, ob eine Insolvenzeröffnung später mangels Masse abgelehnt werde.

 

Entscheidungsgründe

II)

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 289 Abs. 1 Satz 1 InsO) jedoch unbegründet.

Der erneute Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung ist unzulässig. Ihm fehlt das Rechtschutzinteresse.

Der Ablehnungsbeschluss des Insolvenzgerichts bzgl. der Stundung der Verfahrenskosten in dem zunächst betriebenen Verbraucherinsolvenzverfahren des Schuldners ist in Rechtskraft erwachsen. Die Rücknahme des Eigenantrags auf Insolvenzeröffnung des Schuldners stand dieser Rechtskraftwirkung nicht entgegen. Sie erfolgte erst als die Beschwerdefrist des § 569 ZPO, § 4 InsO gegen den Ablehnungsbeschluss bereits abgelaufen d.h. die Rechtskraft des Beschlusses bereits eingetreten war.

Durch diesen rechtskräftigen Beschluss ist der Schuldner von der erneuten Stellung eines Antrags auf Restschuldbefreiung für 3 Jahre, beginnend ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Stundungsversagungsentscheidung (vgl. BGH v. 18.2.2010 – IX ZA 39/09) ausgeschlossen.

Zwar spricht für die Argumentation des Schuldners, das nach den allgemeinen Grundsätzen der ZPO § 269 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 4 InsO das Verbraucherinsolvenzverfahren wegen der Antragsrücknahme als nicht anhängig geworden angesehen werden müsste. Der BGH hat in den von dem Insolvenzgericht zitierten Entscheidungen (ZInsO 2010, 490 f.; 2010, 587 f.; 2010, 783 f.) jedoch mehrfach ausgeführt,...

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