Verfahrensgang

AG Hamburg (Urteil vom 10.01.2008; Aktenzeichen 102G C 1010/07)

 

Tenor

1. Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 10.01.2008 (Geschäfts-Nr.: 102G C 1010/07) wird wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2 Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits (I. und II. Instanz) zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger berechtig ist, auf dem Balkon seines Sondereigentums eine Parabolantenne zum Empfang türkischsprachiger Fernsehprogramme aufzustellen.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO).

Die Beklagte trägt vor, dem Kläger fehle das erforderliche Feststellungsinteresse, weil er nicht zur Beseitigung der Parabolantenne aufgefordert worden sei. Mit einem Decoder könne der Kläger sieben türkische Sender empfangen, wodurch sein Informationsinteresse aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG hinreichend befriedigt werde. Das Amtsgericht habe eine unzutreffende Abwägung zwischen dem Recht auf Informationsfreiheit und Eigentumsrecht des Klägers einerseits und ihrem Eigentumsrecht andererseits vorgenommen. Gerade weil die Antenne des Klägers die einzige sei, falle diese – insbesondere wegen ihrer Größe – besonders ins Auge (Fotos Anl. B 2). Die Antenne rage über die Balkonbrüstung und sei von außen deutlich zu erkennen, was eine erhebliche optische Beeinträchtigung darstelle.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 10.01.2008 verkündeten Urteils des Amts-Hamburg, Aktenzeichen 102G C 1010/07, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe die Entfernung der Antenne bereits mit Schreiben vom 23.02.2007 und 12.03.2007 (Anl. K 8) angedroht, sobald ein Beschluss vorliege. Er verfüge ausschließlich über die türkische Staatsbürgerschaft. Die mit dem Decoder zu empfangenden Kanäle genügten nicht seinem Informationsinteresse, da deren Nachrichtensendungen sich auf Boulevardzeitungs-Niveau bewegten. Die Bereitstellung eines Receivers koste monatlich EUR 4,90 zuzüglich EUR 9,90 Versandpauschale. Der Vortrag der Beklagten zur Anzahl der mit einem Decoder zu empfangenden Kanäle sei gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Im Rahmen der Interessenabwägung sei auch zu berücksichtigen, dass die frühere Verwalterin die Aufstellung der Antenne genehmigt habe. Wegen der zur Straße hin zunächst ansteigenden und dann wieder abfallenden Rasenfläche (Foto Anl. K 6) könnten Fußgänger und Autofahrer die Parabolantenne von den meisten Stellen der Straße gar nicht bzw. allenfalls das obere Drittel sehen. Die Straße sowie die umliegenden Häuser seien 150 – 200 m entfernt. Die von der Beklagten eingereichten Fotos seien offenbar von der höchsten Stelle aus aufgenommen worden und gem. § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache Erfolg und führt unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils zur Abweisung der Klage.

1.

Die Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere verfügt der Kläger über das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO). Das Feststellungsinteresse besteht, wenn dem subjektiven Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte es ernstlich bestreitet oder er sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt, und wenn das erstrebte Urteil infolge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH NJW 1986, 2507; Zöller-Greger, ZPO, 26. Auflage, § 256 Rdnr. 7).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger berechtigt ist, die Parabolantenne auf seinem Balkon aufzustellen. Die derzeitige WEG-Verwaltung hat ihm gegenüber bereits mit Schreiben vom 12.03.2007 (Anl. K 8) angekündigt, einen Beschluss der Eigentümerversammlung auf Entfernung der Antenne klageweise gegen ihn durchzusetzen. Ein solcher Beschluss ist auf der Eigentümerversammlung vom 23.05.2007 unter TOP 14 gefasst worden. Die WEG-Verwaltung steht nach wie vor auf dem Standpunkt, dass die vom Kläger aufgestellte Parabolantenne rechtswidrig ist. Das Urteil ist geeignet, die Gefahr der Unsicherheit zu beseitigen, da dem Kläger keine andere Möglichkeit der gerichtlichen Klärung offen steht.

2.

Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 14 Ziff. 3 WEG i.V.m. § 1004 Abs. 2 BGB auf Duldung der Parabolantenne gegen die Beklagte.

a) Es kann dahinstehen, ob die ohne Eingriff in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums vorgenommene Aufstellung der von außen sichtbaren Parabolantenne allein schon wegen der damit verbundenen Auswirkungen auf den optischen Gesamteindruck des Gebäudes eine bauliche Veränderung i.S.v. § 22 Abs. 1 WEG darstellt (BGHZ 157, 322 = NJW 2004, 937, 938; Bärmann-Wenzel, WEG, 10. Auflage, § 14 Rdnr. 17). Denn wenn diese nicht zu einem Nachteil führt, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht (§ 14 Ziff. 1 WEG), wäre die Parabolantenne von der Beklagt...

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