Verfahrensgang
AG Hamburg (Urteil vom 13.06.2013; Aktenzeichen 918c C 70/12) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg vom 13.06.2013, Az. 918c C 70/12, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten im Rahmen einer Beschlussanfechtung um die Ordnungsgemäßheit eines Beschlusses der Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft M… /Ü…, H… vom 13.07.2012, durch welchen der Heizkostenverteilungsschlüssel für das Jahr 2011 geändert werden sollte.
Die Wohnungseigentümer beschlossen unter TOP 3 dieser Versammlung mit einer Mehrheit von 9708,65 zu 250,09 / 10.000 MEA, den Heizkostenverteilungsschlüssel für die Wohngeldabrechnung 2011 von 50/50 auf 70/30 (Verbrauch/Fläche) zu ändern. Das Gebäude wird über Fernwärme beheizt.
Wegen des Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird im Übrigen auf die Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Das Amtsgericht hat den angefochtenen Beschluss mit Urteil vom 13.06.2013 „für unwirksam” erklärt.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dieser Beschluss entspreche nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Denn eine rückwirkende Änderung für abgeschlossene Abrechnungszeiträume sei „grundsätzlich nicht zulässig”. Soweit davon im Einzelfall aus besonderen Gründen abgewichen werden könne, lägen derartige Gründe nicht vor. Ein „Ausnahmefall” vom Rückwirkungsausschluss könne nur begründet werden, wenn § 7 Abs. 1 S. 2 HeizKV, der unter bestimmten Bedingungen eine zwingende Verteilung der Heizkosten im Verhältnis 70/30 vorsehe, „anwendbar” wäre. Das sei hier jedoch nicht der Fall, weil § 7 Abs. 1 S. 2 HeizKV Gebäude mit Öl- oder Gasheizung betreffe, während das Gebäude dieser WEG über Fernwärme beheizt werde. Aus § 7 Abs. 3 HeizKV ergebe sich nichts Gegenteiliges. Denn dem hohen Grundkostenanteil der Fernwärme werde bei einem „festen Anteil von 30 % für die verbrauchsunabhängigen Kosten nicht Rechnung getragen”.
Gegen dieses ihnen am 17.06.2013 zugestellte Urteil wenden sich die Beklagten mit der am 25.06.2013 eingelegten und – nach Fristverlängerung bis einschließlich 19.09.2013 – am 18.09.2013 begründeten Berufung.
Die Beklagten sind der Auffassung, das Amtsgericht habe zu Unrecht angenommen, der § 7 Abs. 1 Satz 2 HeizKV beziehe sich nur auf Gebäude mit Öl- oder Gasheizung. Über § 7 Abs. 3 HeizKV ergebe sich die sinngemäße Einbeziehung auch von Fernwärme.
Sie beantragen,
das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg, Geschäftszeichen: 980b C 70/12, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die Gründe des amtsgerichtlichen Urteils für zutreffend. Weil „Fernwärmelieferung” im Sinne von § 7 Abs. 3 HeizKV auch aus Gas- oder Ölheizungen entspringende Wärmelieferungen erfasse, sei dort keine weitere Wärmeproduktionsart genannt. Somit sei die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 HeizKV eindeutig.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg
1.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die erforderliche Beschwer der Beklagten liegt vor.
2.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Amtsgericht hat den Beschluss zutreffend für ungültig erklärt. Die Erklärung des Beschlusses für „unwirksam” bedeutet dasselbe.
Der angefochtene Beschluss widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne von § 21 Abs. 4 WEG. Eine rückwirkende Änderung des Heizkostenverteilungsschlüssels ist unzulässig.
Nach § 6 Abs. 4 Satz 3 HeizKV ist die Festlegung und die Änderung der Abrechnungsmaßstäbe nur mit Wirkung zum Beginn eines Abrechnungszeitraums zulässig. Diese Regelung gilt auch im Wohnungseigentumsrecht (vgl. Niedenführ in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEGKommentar 10. Auflage, § 16 Rdnr. 55).
Schon nach allgemeinen Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung sind rückwirkende Änderungen von Verteilungsschlüsseln, die zu einer nachträglichen Neubewertung eines bereits abgeschlossenen Sachverhalts führen, in der Regel unzulässig. Sie können nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände hingenommen werden, etwa wenn der bisherige Schlüssel unbrauchbar oder in höherem Maße unpraktikabel ist oder dessen Anwendung zu grob unbilligen Ergebnissen führt (BGH, Urteil vom 09.07.2010 – V ZR 202/09, NJW 2010, 2654, Rn. 11; Urteil vom 01.04.2011 – V ZR 162/10, NJW 2011, 2202, Rn. 11). Hinsichtlich der Verteilung der Kosten für Wärme und Warmwasser sieht die Heizkostenverordnung in § 6 Abs. 4 Satz 3 HeizKV ein Rückwirkungsverbot vor. Die Regelung ist als strikter Rückwirkungsausschluss zu verstehen. Der BGH hat im Urteil vom 09.07.2010, V ZR 202/09, ausgeführt: „Das Wohnungseigentumsgesetz enthält keine der mietrechtlichen Vorschrift des § 556a Abs. 2 Satz 2 BGB vergleichbare Einschränkung, wonach der Vermieter einen neuen...