Tenor
1. Der Beschluß der Hauptversammlung der Beklagten vom 1. März 2002 zum einzigen Tagesordnungspunkt (Übertragung der Aktien der Minderheits-Aktionäre gegen Barabfindung gemäß §§ 327a ff. AktG) wird für nichtig erklärt.
2. Der Antrag der Beklagten, gemäß § 327e i.V.m. § 319 Abs. 6 AktG festzustellen, daß die Anfechtungsklagen der Handelsregistereintragung des Hauptversammlungsbeschlusses vom 1. März 2002 nicht entgegenstehen, wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist für die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils EUR 6.000,00 vorläufig vollstreckbar.
5. Der Gegenstandswert der verbundenen Klagen wird jeweils auf EUR 50.000,00 festgesetzt. Der Gegenstandswert des Antrages der Beklagten nach § 327e i.V.m. § 319 Abs. 6 AktG wird auf EUR 25.000,00 festgesetzt.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich mit der Anfechtungsklage gegen die Übertragung ihrer Aktien auf den Mehrheitsaktionär gemäß §§ 327 a ff. AktG (sog. „squeeze out”) mit Hauptversammlungsbeschluß vom 1.3.2002.
Die Kläger sind Minderheitsaktionäre der Beklagten. Hauptaktionärin ist die Philips GmbH.
Aufgrund entsprechender Einladung des Vorstandes (Anlage K1 zum Az. 411 0 54/02) und Bekanntmachung der Einladung im Bundesanzeiger vom 18.1.2002 fand am 1.3.2002 in Hamburg auf Verlangen der Hauptaktionärin eine außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten statt, auf der auch die Kläger anwesend bzw. vertreten waren.
Die Philips GmbH hatte der Hauptversammlung den als Anlage K2 (zum Az. 411 O 54/02) zur Akte gereichten Bericht über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre gemäß § 327a ff. AktG vorgelegt. Ebenfalls legte die Beklagte in der Hauptversammlung die Jahresabschlüsse der Beklagten für die Geschäftsjahre 1998, 1999 und 2000 aus.
In der Hauptversammlung wurde nach kontroverser Erörterung und Beantwortung von Fragen durch den Vorstand gegen den Widerspruch der Kläger mit 2.979.047 Stimmen gegen 2.539 Stimmen bei Enthaltung von 11 Stimmen beschlossen:
„Die Aktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) der … Aktiengesellschaft werden gegen Gewährung einer von der Hauptaktionärin zu zahlenden Barabfindung in Höhe von EUR 89,00 je Aktie im Nennwert von DM 50,00 auf die Philips GmbH übertragen. Ausgleichs-/Dividendenzahlungen nach dem 01.3.2002 sind von der Barabfindung abzuziehen.
Die Barabfindung ist von der Hauptaktionärin festgelegt, deren Angemessenheit durch die vom Landgericht Hamburg gemäß Beschluß vom 3.Januar 2002 bestellten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft…-OHG, Hamburg, in ihrem Gutachten vom 16. Januar 2002 bestätigt worden.
Die Barabfindung ist von der Bekanntgabe der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister an mit 2 vom Hundert über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
Die Dresdner Bank AG hat mit Erklärung vom 16.01.2002 gegenüber dem Vorstand der Gesellschaft mit berechtigender Wirkung für die Minderheitsaktionäre unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage die Gewährleistung für die Erfüllung der Verpflichtung der Hauptaktionärin übernommen, den Minderheitsaktionären nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses unverzüglich die festgelegte Barabfindung für die übergegangenen Aktien zu zahlen.”
Wegen der weiteren Einzelheiten der Vorgänge auf der Hauptversammlung wird auf das notarielle Protokoll vom 1.3.2002 (z.B. Anlage K3 zum Az. 411 O 54/02) Bezug genommen.
Die Kläger halten den Beschluß für nichtig. Sie tragen zur Begründung vor: Die Kläger zu 1), 4) und 5):
Die gesetzliche Regelung gemäß §§ 327 a ff. AktG zum Squeeze-out der Minderheitsaktionäre sei verfassungswidrig und verstoße gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Grundgesetz, insbesondere sei die Eigentumsgarantie dadurch verletzt, daß die Barabfindung gemäß § 327b Abs.3 AktG unzureichend gesichert sei. Die vorgeschriebene Bankgarantie sichere nicht eventuelle Mehransprüche der Minderheitsaktionäre nach Durchführung eines Spruchverfahrens. Auch sei nur eine unzureichende Verzinsung der Barabfindung festgelegt.
Der Kläger zu 1):
Zumindest sei § 327b Abs.3 AktG verfassungskonform so auszulegen, daß das Kreditinstitut auch die nach § 327f AktG vom Spruchstellengericht bestimmte Abfindung abzusichern habe. Diesen Anforderungen genüge die vorliegende Bankgarantie nicht.
Die Kläger zu 1) und 5):
Zur Zeit der Hauptversammlung habe eine für das squeeze-out gemäß § 327a Abs.1 u. 2 AktG erforderliche Kapitalbeteiligung der Hauptaktionärin von mindestens 95 % tatsächlich nicht vorgelegen, worüber die Aktionäre in der Einladung zur Hauptversammlung und im Bericht der Hauptaktionärin jedoch getäuscht worden seien.
Die Kläger zu 1) bis 3):
Die der Philips GmbH in der von ihr vorgelegten Bankbestätigungen als ihr gehörend bestätigten Aktien seien teilweise betrügerisch erworben. Der Erwerb unterliege der Anfechtbarkeit bzw. Rückgabe der Aktien, weil die Philips GmbH die aufgrund des früheren Spruchstellenverfahrens vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth im Zusammenhang mit dem Unternehmensvertrag festgestellte ...