Tenor

  • Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld i. H. v. 178 952,16 € (= 350 000,00 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 27.05.2000 zu zahlen.

    Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger allen materiellen Schaden zu ersetzen, der diesem aus Anlass der fehlerhaften Behandlung bei seiner Geburt am 25.06.1997 in der gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung des ..., noch entstehen wird, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung ihrer Einstandspflicht für zukünftige materielle Schäden wegen angeblicher Fehler im Zusammenhang mit seiner Geburt am 25.06.1997 in Anspruch.

Der Kläger wurde am 25.06.1997 im Krankenhaus der Beklagten zu 1) geboren; im Verlauf der Geburt kam es zu einer Schulterdystokie. Er ist seit der Geburt schwerstgeschädigt und kann weder sprechen, sitzen, gehen, greifen oder seinen Kopf kontrollieren. Andere Mimik als Lächeln ist nicht möglich. Eine Besserung seines Zustandes ist nicht zu erwarten.

Die Mutter des Klägers, ..., war zum Zeitpunkt der Geburt 33 Jahre alt und hatte bereits 1994 ein 3.840 Gramm schweres Mädchen spontan geboren. Im Verlauf der Schwangerschaft nahm ..., die 1,65 m groß ist und vor der Schwangerschaft 60 kg wog, 22 kg zu. Errechneter Geburtstermin war der 15.06.1997. Am 23.06.1997 begab sich ... in das Krankenhaus der Beklagten, wo eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt wurde. Anhand der Befunde ... - biparietaler Kopfdurchmesser 10,28 cm, frontooccipipaler Durchmesser 11,33 cm, Thorax anterior-posterior Durchmesser 12,57 cm, Thoraxumfang 35,06 cm und Femurlänge 8,64 cm - ... errechnete der Computer ein geschätztes Geburtsgewicht von 4.200 Gramm. Frau wurde stationär aufgenommen und für den 25.06.1997 die Einleitung der Geburt geplant. Dazu kam es jedoch nicht, weil ... am 25.06.1997 gegen 2.00 Uhr Wehen bekam. Um 08.50 Uhr wurde zur Unterstützung der Wehentätigkeit ein Wehentropf gesetzt. Ab 15.00 Uhr war außer der Hebamme noch die Beklagte zu 2) anwesend, die sich seinerzeit im 4. Weiterbildungsjahr befand und bereits etwa 450 Geburten selbstständig geleitet hatte. Ausweislich der Behandlungsdokumentation stellt sich der Geburtsverlauf in der hier interessierenden kritischen Phase wie folgt dar: Nach 2 Kristellerhilfen von der Beklagten zu 2) um 15.08 Uhr und 15.10 Uhr wurde der Kopf des Klägers um 15.12 geboren. Der Kopf war auf die Vulva gepreßt und wirkte gestaut. Die Hebamme versuchte die Schultern durch ein Senken des Kopfes bei hochgelagertem Steiß der Mutter zu entwickeln. Um 15.13 Uhr wurde Frau ... erneut zum Pressen angeleitet, die Beklagte zu 2) leistete Kristellerhilfe und die Hebamme versuchte den Kopf zu senken. Der anschließende Versuch, dass Kind zu drehen, blieb erfolglos. Um 15.14 Uhr leistete die Hebamme Kristellerhilfe während die Beklagte zu 2) versuchte, die Schultern zu entwickeln. Die Oberärztin und der Anästhesist wurden informiert. Danach wurde zweimal vergeblich versucht, die Schultern durch ein Überstrecken und anschließendes Anteflektieren der Beine von Frau ... zu entwickeln. Um 15.15 Uhr trafen die Oberärztin und der Anästhesist sowie eine weitere Ärztin ein. Man versuchte erneut, das Kind durch ein Überstrecken und anschließendes Anteflektieren der Beine von Frau ... zu entwickeln. 15.20 Uhr wurde der Kläger geboren. Das Geburtsgewicht betrug 5470 g und nicht wie geschätzt 4200 g. Der Kläger war leblos und wurde sofort künstlich beatmet. Nach 20 Minuten konnte er reanimiert werden; die Spontanatmung setzte nach einer Stunde ein. Nach 8 Tagen wurde er extubiert und nach 2 Monaten mit einer Nahrungssonde nach Hause entlassen, die nach 3 Monaten entfernt werden konnte. Es bestand und besteht eine Schwerstschädigung.

Der Kläger wirft den Beklagten im Zusammenhang mit seiner Geburt schwere Behandlungsfehler vor. Er behauptet, dass es sich bei der ultraschallgestützten Schätzung des Geburtsgewichtes mit 4.200 Gramm in Anbetracht des tatsächlichen Geburtsgewichts von 5.470 Gramm um eine vorwerfbare Fehleinschätzung gehandelt habe. Bei einer korrekten Schätzung hätte ein Kaiserschnitt durchgeführt werden müssen. In diesem Fall wäre er gesund geboren worden, weil die Behinderungen auf eine Sauerstoffunterversorgung während des Geburtsstillstandes zurückzuführen seien. Unabhängig von der Fehleinschätzung des Geburtsgewichtes hätte bereits in Anbetracht der Gewichtszunahme seiner Mutter um 22 kg, seines geschätzten Gewichts von 4.200 Gramm und der ersten Geburt eines großen Kindes ein Kaiserschnitt durchgeführt, jedenfalls aber - so meint der Kläger - über diese Entbindungsmöglichkeit aufgeklärt werden müssen. Seine Mutter hätt...

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