Orientierungssatz
Für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genügt die ernsthafte Absicht des Vermieters, eine räumliche Trennung von seinem Ehegatten herbeizuführen und in Zukunft ohne den Ehegatten in der vermieteten Wohnung zu wohnen. Insoweit ist es auch nicht etwa erforderlich, dass die Ehegatten eine Trennung im familienrechtlichen Sinne innerhalb ihrer bisherigen Ehewohnung (§ 1567 Abs. 1 Satz 2 BGB) bereits vollzogen haben oder dass sie definitiv die Scheidung beabsichtigen. Vernünftige, nachvollziehbare Gründe für den Umzug eines Ehegatten in eine eigene Wohnung liegen schon dann vor, wenn die Ehegatten sich ernsthaft entschieden haben, sich zu trennen und ihre häusliche Gemeinschaft zumindest vorläufig aufzuheben.
Verfahrensgang
AG Heidelberg (Entscheidung vom 06.07.2012; Aktenzeichen 28 C 12/12) |
Tenor
1.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 06.07.2012 - Az. 28 C 12/12 - im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im Erdgeschoss des Anwesens D-straße 12, 69117 Heidelberg, bestehend aus einem Zimmer, einer Küche, einer Diele, einem Bad/Duschraum, einem Abstellraum und einer Terrasse, zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
2.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.
Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum Ablauf des 28. Februar 2013 gewährt.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt vom Beklagten Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung. Zwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag aus dem Jahr 2003. Mietbeginn war der 01.10.2003. Die Miete beträgt 390,00 Euro monatlich. Der Kläger bewohnt mit seiner 18 Jahre jüngeren Ehefrau und den beiden 13 und 9 Jahre alten Kindern eine Wohnung in Heidelberg.
Der Kläger hat behauptet:
Er habe unter dem 17.06.2011 eine auf Eigenbedarf gestützte Kündigung ausgesprochen. Dieses Kündigungsschreiben sei am 21.06.2011 um 8:00 Uhr durch einen Boten in den Briefkasten des Beklagten eingeworfen worden. Dem Schreiben sei eine Originalvollmacht beigefügt gewesen.
Es bestehe Eigenbedarf, weil der Kläger sich von seiner Ehefrau trennen und deswegen in die streitgegenständliche Wohnung einziehen wolle. Der Entschluss zur Trennung habe im Zeitpunkt der Kündigung ebenso bestanden wie zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung.
Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam sei. Er hat die behauptete Trennungsabsicht bestritten. Vernünftige und nachvollziehbare Gründe dafür, dass der Kläger die Wohnung benötige, habe er nicht benannt. Ob und wann eine Trennung tatsächlich stattgefunden habe, ergebe sich weder aus dem Kündigungsschreiben noch aus dem Vortrag des Klägers. Ausgangspunkt für die Beurteilung des Eigenbedarfs sei eine wesentliche Veränderung der Lebensumstände des Vermieters. Eine solche sei dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Es bestehe allenfalls, den Vortrag des Klägers als wahr unterstellt, ein Gedanke hinsichtlich einer beabsichtigten Trennung. Dies reiche für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs nicht aus. Auch sei zweifelhaft, dass die Eheleute immer noch zusammen in derselben Wohnung lebten.
Das Amtsgericht hat die Klage nach informatorischer Anhörung des Klägers als unschlüssig abgewiesen, weil der Kläger nicht schlüssig dargelegt habe, dass er auf Dauer in die Wohnung des Beklagten einzuziehen beabsichtige. Das Gericht könne aus dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, dass eine Trennungsabsicht bestehe. Dies ergebe sich daraus, dass der Kläger nach wie vor mehrere Tage in der Woche zusammen mit seiner Ehefrau in demselben Schlafzimmer übernachte und seinen Ehering noch trage. Außerdem beruhe dies darauf, dass noch immer keine Scheidung eingereicht sei und es in der Beziehung ein Hin und Her gebe.
Wegen des streitigen und unstreitigen erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie wegen des Inhalts und der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung einschließlich der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf Entscheidungsformel, Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der geltend macht, dass der Kläger den gegenwärtigen Zustand, dass er zusammen mit seiner Ehefrau mehrere Tage in der Woche in demselben Schlafzimmer übernachten müsse, gerade durch den Einzug in die streitgegenständliche Wohnung beenden wolle. Gerade darauf beruhe die Kündigung. Auch stelle die Aussage, dass man der Beziehung nochmals eine Chance geben wolle, keinen Grund dar, den Eigenbedarf zu verneinen. Die Eheleute könnten sich trennen, um zumindest für eine längere Zeit in getrennten Wohnungen zu leben und einer gewissen Bedenkzeit, die auch mehrere Jahre betragen könne, den Entschluss zu fassen, die Beziehung in einer Wohnung oder aber räumlich getrennt fortzusetzen. Der Kläger habe einde...