Entscheidungsstichwort (Thema)

Passivlegitimation bei Beschlussanfechtung. Grenzen der Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Dass die Kläger ersichtlich den Verband „Wohnungseigentümergemeinschaft” in Anspruch nehmen wollten, schließt eine Auslegung des Klageantrages dahingehend, dass tatsächlich die übrigen Wohnungseigentümer Partei sein sollten, aus. Alleine der Umstand, dass das materiell begehrte Ziel nur durch die Inanspruchnahme einer anderen als der im Antrag benannten Person möglich ist, kann ohne weitere Anhaltspunkte nicht eine Auslegung stützen, dass in Wahrheit eine andere als die ausdrücklich benannte Partei in Anspruch genommen werden sollte.

 

Verfahrensgang

AG Niebüll (Aktenzeichen 18 C 49/08)

 

Gründe

XXX / XXX

… werden die Parteien gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Kammer die Zurückweisung der Berufung beabsichtigt. Die Berufung hat weder Aussicht auf Erfolg noch kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO). Auch ist die Entscheidung der Kammer nicht zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne des § 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO erforderlich.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, da die Beklagte nicht passiv legitimiert ist.

Gemäß § 46 WEG ist die Klage eines oder mehrerer Wohnungseigentümer auf Erklärung der Ungültigkeit eines Beschlusses der Wohnungseigentümer gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten.

Im Zivilprozess bestimmt allein die klagende Partei, ob und gegen wen sie Rechtsschutz begehrt. Ein in Anspruch genommener Beklagter wird unbeschadet der Frage, ob er in der Sache der „richtige” Beklagte ist, mit Klagzustellung Partei (vgl. Zöller – Vollkommer, ZPO, 27. Aufl. vor § 50 Rn 3). Ist diese Bestimmung undeutlich, so ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt, dass die Parteibezeichnung als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich ist. Es ist derjenige als Partei anzusehen, der erkennbar durch die Parteibezeichnung betroffen werden soll. (BGH MDR 2008, S. 582 ff).

In Wohnungseigentumsangelegenheiten können sowohl „xxx” als auch „xxx” Partei sein. Insoweit regelt § 10 VI WEG, dass die Gemeinschaft als rechtsfähiger Verband gemeinschaftsbezogene Rechte ausüben und vor Gericht klagen und verklagt werden kann. § 10 Abs 6 S. 4 WEG legt dann ausdrücklich fest, dass die Gemeinschaft die Bezeichnung „Wohnungseigentümergemeinschaft”, gefolgt von der bestimmten Angabe des gemeinschaftlichen Grundstücks führen muss.

Vorliegend richtete sich die Klage gegen die xxx. Diese Parteibenennung wurde noch bis zur mündlichen Verhandlung beibehalten und dann erst im Urteil des Amtsgerichts quasi von Amts wegen in „xxx” geändert. Dass der Kläger die Wohnungseigentumsgemeinschaft als nach § 10 VI WEG rechtsfähigen Verband und nicht die einzelnen Wohungseigentümer in Anspruch nehmen wollte, ergibt sich auch aus dessen Schreiben vom 12.11.2008, in dem er nochmals ausführt, dass nicht die einzelnen Wohnungseigentümer, sondern die Wohnungseigentümergemeinschaft verklagt sei. Insoweit konsequent wurde auch zu keinem Zeitpunkt eine Liste der Eigentümer übermittelt.

Dass die Kläger somit ersichtlich den Verband „xxx” in Anspruch nehmen wollten, schließt eine Auslegung des Klagantrages dahingehend, dass tatsächlich die übrigen Wohnungseigentümer Partei sein sollten, aus.

Es trifft zwar zu, dass in Fällen, in denen angesichts der gesamten Umstände, insbesondere des mit der Verfahrenseinleitung verfolgten Begehrens keine vernünftigen Zweifel am wirklich Gewollten besteht, ein Antrag nicht an der fehlerhaften Bezeichnung des in Wahrheit gemeinten Antragsgegners scheitern darf (vgl. OLG Karlsruhe, ZMR 2008, S. 903)

Allein der Umstand, dass das materiell begehrte Ziel nur durch die Inanspruchnahme einer anderen als der im Antrag benannten Person möglich ist, kann aber ohne weitere Anhaltspunkte nicht eine Auslegung stützen, dass in Wahrheit eine andere als die ausdrücklich benannte Partei in Anspruch genommen werden sollte.

Auch eine Parteiänderung ist mit Ablauf der Frist des § 46 Abs. 1 Satz 2 ZPO, demnach die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben und innerhalb zweier Monate nach der Beschlussfassung begründet werden muss, nicht zielführend, da die Klage gegenüber dem dann in den Prozess neu hineingenommen Beklagten wegen des insoweit gegebenen Fristversäumnisses unzulässig wäre (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 5.9.2008 – 16 S 13/08 – zitiert nach juris).

Der Umstand schließlich, dass der Kläger mit seinem Antrag zu 2) eine grundsätzlich zulässige Leistungsklage (vgl. Bärmann-Merle Wohnungseigentumsgesetz 10. Aufl. § 21 Anmerkung 55 ff) verfolgt, begründet nicht die behauptete Passivlegitimation der xxx als rechtsfähigen Verband. Insoweit gilt spiegelbildlich zu den Anforderungen an die Anfechtung eines Beschlusses, dass sich diese Gestaltungsklage auch gegen alle übrigen Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Klägers richten muss (vgl. Bärmann-Wenzel, a.a.O. § 43 Anmerkung...

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