Verfahrensgang
AG Pinneberg (Urteil vom 20.12.2012; Aktenzeichen 60 C 28/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Pinneberg vom 20. Dezember 2012 – Aktenzeichen: 60 C 28/12 – abgeändert:
Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 25. Mai 2012 zu TOP 1 b (Ausgabenvollmacht) wird für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Sie ist auch in der Sache gerechtfertigt.
In der Eigentümerversammlung am 22. Mai 2012 fassten die Wohnungseigentümer unter TOP 1 b folgenden Beschluss:
„Sofern sich bei einer beschlossenen, betragsmäßig festgelegten Baumaßnahme Mehrkosten ergeben, ist der Beirat bevollmächtigt, auf Antrag des Verwalters die Zustimmung bis zu 10 % des beschlossenen Betrages, mindestens jedoch 1.000,00 EUR und höchstens 10.000,00 EUR, für die WEG zu erteilen. Ansonsten ist ein Beschluss auf der nächsten oder einer zusätzlichen Wohnungseigentümerversammlung abzuwarten.”
Dieser Beschluss ist für ungültig zu erklären.
Zum einen ist nicht klar, welche Vollmachten dem Beirat eingeräumt werden, wenn es in dem Beschluss heißt bis zu 10 % des beschlossenen Betrages, mindestens jedoch 1.000,00 EUR. Darüber hinaus überschreitet der Beschluss die engen Grenzen, in denen bei der Entscheidung über Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums eine Kompetenzverlagerung auf den Verwaltungsbeirat erfolgen kann. Die insoweit notwendigen Entscheidungen hat grundsätzlich die Wohnungseigentümergemeinschaft zu treffen. Auf den Verwaltungsbeirat oder den Verwalter kann diese Entscheidungskompetenz nur durch Vereinbarung gemäß § 10 Abs. 2 S. 1 WEG übertragen werden, da dadurch eine grundlegende Zuständigkeitsänderung zwischen diesen drei Organen vorgenommen wird. Abweichend von diesem Grundsatz kann die Eigentümerversammlung auch im Wege des Beschlusses eine solche Kompetenzverlagerung vornehmen, wenn dadurch der mit der gesetzlichen Regelung intendierte Schutzzweck der selbstbestimmten Verwaltung durch die Wohnungseigentümer nicht ausgehöhlt wird. Insoweit wird dem praktischen Bedürfnis gerade bei großen Wohnungseigentümergemeinschaften nach flexibleren Regelungen Rechnung getragen, wobei der Schutzzweck der gesetzlichen Regelung nur dann gewahrt ist, wenn diese Ermächtigung nur zu einem begrenzten und für die einzelnen Wohnungseigentümer überschaubaren finanziellen Risiko führt. Eine solche Begrenzung kann beispielsweise durch ein festes Jahresbudget, dessen Höhe sich an der anteiligen Belastung für die einzelnen Wohnungseigentümer zu orientieren hat, oder durch eine gegenständliche Beschränkung bei hinreichender Bestimmtheit herbeigeführt werden (vgl. Niedenführ/Vandenhouten WEG, 10. Auflage, § 21, Rn. 69 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Beschluss nicht, da er eine Begrenzung auf eine Gesamtsumme für sämtliche Baumaßnahmen nicht enthält. Da die theoretische Möglichkeit besteht, dass der Verwaltungsbeirat durch Erteilung seiner Zustimmung bei einer Mehrheit von Baumaßnahmen die Wohnungseigentümergemeinschaft in erheblichem Umfange belasten könnte, sind die engen Grenzen einer Kompetenzverlagerung überschritten. Dass für letzteres keine konkreten Anhaltspunkte gegeben sind, ändert an der Unzulässigkeit der Regelung nichts (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 13, 14).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Fundstellen
ZMR 2014, 915 |
ZWE 2015, 137 |
IWR 2015, 48 |