Verfahrensgang

AG Karlsruhe (Beschluss vom 01.04.2005; Aktenzeichen 3 IN 703/04 (G 2) E)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 24.01.2008; Aktenzeichen IX ZB 222/05)

 

Tenor

1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 01.04.2005 – Az. 3 IN 703/04 (G 2) E wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert wird auf EUR 10 000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Durch Beschluss vom 04.11.2004 hat das Amtsgericht Karlsruhe im Insolvenzverfahren über das Vermögen der … einen vorläufigen Gläubigerausschuss eingesetzt. In der Gläubigerversammlung vom 07.12.2004 ist unter anderem … als Mitglied des Gläubigerausschusses gewählt worden.

Am 30.12.2004 hat der Insolvenzverwalter … ein Schreiben an die … und die Mitglieder der Gläubigerausschüsse der Schuldnerin und der … versendet. …, der Geschäftsführer der … ist, war am 31.12.2004 um 14:05 Uhr in Besitz dieses Schreibens, das die Übernahme von Vermögensgegenständen der Gemeinschuldnerin durch die … betrifft.

Der Insolvenzverwalter hat den Rechtsanwälten …, die eine weitere Erwerbsinteressentin, nämlich die …, vertreten, schriftlich erklärt, dass im Zuge der Annahme des Angebots gegenüber der … die Aufträge der … insgesamt auf die … übertragen worden seien. Diese Schreiben ist von den genannten Rechtsanwälten dem Geschäftsführer …, zur Kenntnis gebracht worden.

Am 31.12.2004 hat … an den Insolvenzverwalter geschrieben:

Da bis dato keinerlei Preis- und sonstige Liefervereinbarungen zwischen …, als Produzent großer Teileumfänge für die OEMs und Systemlieferanten, und andererseits der … existieren, sehen wir uns auf Grund der fehlenden Rechtsgrundlage für Teilelieferungen gezwungen, sämtliche Auslieferungen ab Montag, dem 3.1.2005, bis zur vollständigen und einvernehmlichen Klärung zu stoppen.

Rechtsanwalt …, der mit … in einer Anwaltssozietät zusammengeschlossen ist und …, berät, hat am 13.01.2005 zwei Schreiben an den Insolvenzverwalter gerichtet. Das erste Schreiben lautet auszugsweise:

Sie informieren die Mitglieder des Gläubigerausschusses davon, dass Sie vom Landgericht Karlsruhe eine einstweilige Verfügung „bewilligt” bekamen, auf Wiederzutritt zu den Räumen und Zurverfügungstellung des Stroms in den Räumen des „Forums”.

Das zweite Schreiben beginnt wie folgt:

Sie haben die Mitglieder des Gläubigerausschusses betreffend das Insolvenzverfahren über … davon unterrichtet, dass es nach Annahme des Angebots der so genannten „…” am 03.01.2005 zu einem Lieferabriss, bzw. Lieferstop seitens der … gekommen sei.

Durch Schriftsatz vom 01.02.2005 hat Rechtsanwalt … der ebenfalls Mitglied des Gläubigerausschusses ist, beim Amtsgericht Karlsruhe angeregt, Rechtsanwalt … aus wichtigem Grund baldmöglichst aus seinem Amt zu entlassen. Den Antrag hat er damit begründet, Rechtsanwalt … habe entgegen seiner Verschwiegenheitspflicht Informationen aus dem Gläubigerausschuss weitergegeben. Außerdem vertrete er Sonderinteressen und sei weit davon entfernt, die Interessen aller Gläubiger in unabhängiger Weise wahrzunehmen.

Rechtsanwalt … ist der Anregung entgegengetreten. Er hat insbesondere ausgeführt, dass die in den beiden Schreiben vom 13.01.2005 enthaltenen Informationen nicht der Geheimhaltung unterlegen hätten. Die Behauptung, bei der … sei es zu einem Lieferabriss bzw. Lieferstop gekommen, sei für diese rufschädigend.

Durch Beschluss vom 01.04.2005 hat das Amtsgericht Karlsruhe – Insolvenzgericht – die Entlassung des Rechtsanwalts … aus seinem Amt ausgesprochen. Gegen diesen Beschluss, der Rechtsanwalt … am 07.04.2005 zugestellt wurde, richtet sich dessen sofortige Beschwerde, die am 21.04.2005 beim Amtsgericht eingegangen ist.

Zur Ergänzung wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und sonstigen Aktenteile Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die sofortige Beschwerde des … gegen seine Entlassung als Gläubigerausschussmitglied durch den Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 01.04.2005 ist zulässig (§§ 6 Abs. 1, 70 Satz 2 InsO) und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§§ 4 InsO, 569 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO).

2. In der Sache hat die Beschwerde indessen keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat den Beschwerdeführer zu Recht entlassen.

a) Gemäß § 70 Satz 1 InsO kann das Insolvenzgericht ein Mitglied des Gläubigerausschusses aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. Was ein wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschrift ist, hat der Gesetzgeber nicht näher konkretisiert (Uhlenbruck, InsO, 12. A., § 70 RZ 7). Nach überwiegender Ansicht sind die Anforderungen an den wichtigem Grund hoch, da das Gesetz dem Gläubigerausschuss und dem einzelnen Mitglied eine starke und sowohl vom Gericht als auch von der Gläubigerversammlung unabhängige Stellung einräumt (MK-InsO/Gößmann, § 70 RZ 5; Kübler/Prütting/Kübler, InsO, Bd. 1, § 70 RZ 5). § 70 InsO soll nicht als Instrument gegen den Gläubigerausschuss missbraucht werden können, so dass der Einsatz dieser Vorschrift namentlich vom Insolvenzgericht sorgfältig bedacht werden muss (MK-InsO/...

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