Entscheidungsstichwort (Thema)

Startgutschrift

 

Nachgehend

OLG Karlsruhe (Urteil vom 22.09.2005; Aktenzeichen 12 U 99/04)

 

Tenor

1.Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger bei Eintritt des Versicherungsfalles mindestens eine Betriebsrente zu gewähren, die dem geringeren Betrag der Berechnung der Zusatzrente nach ihrer Satzung in der Fassung der 41. Änderung zu folgenden Zeitpunkten entspricht:

  1. 31.12.2001
  2. Eintritt des Versicherungsfalles.

2.Es wird festgestellt, dass die Beklagte bei der Berechnung der Startgutschrift verpflichtet ist, auf Antrag die bei der Ermittlung der Vollleistung anzurechnende Rente der gesetzlichen Rentenversicherung statt nach dem Näherungsverfahren nach einer Rentenauskunft des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers entsprechend § 79 (4) VBLS n.F. zugrunde zu legen.

3.Es wird festgestellt, dass die Beklagte bei der Berechnung der Startgutschrift verpflichtet ist, den Altersfaktor gemäß § 36 (3) VBLS n.F. anzuwenden.

4.Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

5.Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger ¼ und die Beklagte ¾.

6.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und die Beklagte dürfen jeweils die Vollstreckung durch die Gegenseite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der im öffentlichen Dienst beschäftigte Kläger wendet sich mit seiner Klage nach Umstellung der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst von einem Gesamtversorgungssystem auf ein Punktesystem gegen Berechnungsgrundlagen und Höhe der ihm von der beklagten Zusatzversorgungseinrichtung erteilten Startgutschrift.

Der Kläger ist am 17.07.1948 geboren. Bis zum 31.12.2001 hat er als Beschäftigter im öffentlichen Dienst 360 Umlagemonate bei der Beklagten zurückgelegt (AH 6). Seine Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung außerhalb des öffentlichen Dienstes – sogenannte Vordienstzeiten – belaufen sich auf 104 Monate (AH 91).

Die Beklagte hat mit Mitteilung vom 15.10.2002 die Rentenanwartschaft des Klägers zum 31.12.2001 auf EUR 220,80 errechnet und ihm dementsprechend eine Startgutschrift von 55,20 Versorgungspunkten erteilt (AH 10). Hierbei hat sie die Steuerklasse I/O zugrunde gelegt. Die Mitteilung über die Startgutschrift beruht auf der Neufassung der Satzung der Beklagten zum 01. Januar 2001 (im Folgenden: VBLS n.F.).

Die Beklagte hat auf Verlangen des Gerichts vom 11.04.2003 (AS 33) am 22.12.2003 (AH 313 ff.) Fiktivberechnungen vorgelegt, die den Vergleich mit den Beträgen ermöglichen, die sich bei Anwendung der bisherigen Satzung in der Fassung der 41. Änderung (im Folgenden: VBLS a.F.) ergeben würden. Die Beklagte hat folgende Beträge errechnet (vgl. AH 313 f., 335 f., 359 f. und 383 f.):

  1. Erste Fiktivberechnung nach VBLS a.F. zum 31.12.2001: EUR 414,17.
  2. Zweite Fiktivberechnung nach VBLS n.F. für rentennahe Jahrgänge zum 31.12.2001: EUR 364,68.
  3. Dritte Fiktivberechnung nach VBLS a.F. zum 01.08.2013 (Vollendung des 65. Lebensjahres d. Klägers: EUR 494,39.
  4. Vierte Fiktivberechnung nach VBLS n.F. zum 01.08.2013 (Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers: EUR 346,60.

Bei den Fiktivberechnungen Nr. 3. und 4. zum 65. Lebensjahr sind die zum 31.12.2001 maßgebenden Berechnungswerte übernommen worden. Bei der dritten Fiktivberechnung wurde die Zelt vom 01.01.2002 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres der gesamtversorgungsfähigen Zeit als weitere Umlagemonate und Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde gelegt. Bei der Errechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wurde unterstellt, dass eine gleiche Zahl von Entgeltpunkten wie im Jahre 2001 in den Folgejahren bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erzielt werden würde. Bei der vierten Fiktivberechnung wurde das zusatzversorgungspflichtige Entgelt aus dem Jahre 2001 für die Folgejahre bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zugrunde gelegt. Ebenso wie bei der dritten Fiktivberechnung wurde eine Dynamisierung des Entgelts nicht vorgenommen. Bonuspunkte sind nicht berücksichtigt worden.

Der Rechtsstreit beruht auf einer Umstellung der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst von der sogenannten Gesamtversorgung auf ein Punktesystem. Zum besseren Verständnis der an sich zwischen den Parteien unstreitigen Vorgänge soll zunächst eine kurze Darstellung der Entwicklung der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (vgl. dazu von Puskás, „Zusatzversorgung im Umbruch”, in Betriebliche Altersversorgung 2002 S. 21 f; vgl. Fieberg „Neue Betriebsrente im öffentlichen Dienst” in betriebliche Altersversorgung 2002 S. 230 f) und sodann eine Darstellung der Tarifverträge und Satzungsänderungen zur Umstellung von der Gesamtversorgung auf ein Punktesystem dienen:

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