Verfahrensgang
AG Norderstedt (Entscheidung vom 28.01.2011; Aktenzeichen 43 C 1369/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 28. Januar 2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Norderstedt unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 513,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Juni 2009 zu zahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 69,62 EUR freizuhalten.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 71% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 29% zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Hinsichtlich der Höhe des Fahrzeugschadens wird die Revision zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend.
Die Klägerin befuhr am 9. Januar 2009 mit ihrem rund 10 Jahre alten PKW Opel die Straße L. in N.. Die Fahrbahn ist einschließlich abwechselnd rechts und links befindlicher Parkstreifen und schraffierter Sperrflächen ca. 7 Meter breit und liegt in einem Wohngebiet; die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 30 km/h. Die Klägerin beabsichtigte, nach links in einen Stichweg abzubiegen, um dort zu wenden. Der Beklagte zu 2) fuhr mit dem bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten PKW VW hinter der Klägerin her und versuchte, sie zu überholen. Dabei kam es zur Kollision mit dem Opel, der im Linksabbiegevorgang in die Seite des VW fuhr.
Nach dem von der Klägerin eingeholten Kostenvoranschlag einer Opel-Fachwerkstatt betragen die Reparaturkosten für ihr Fahrzeug (einschließlich einer tatsächlich nicht erforderlichen Lackierung der Frontverkleidung) 1.485,35 EUR netto. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 25. Februar 2010 erstmals eine konkrete freie Werkstatt in Norderstedt benannt, die die im Kostenvoranschlag genannten Arbeiten für 1.010,92 EUR netto in gleicher Qualität durchführen könne.
Neben den Reparaturkosten laut Kostenvoranschlag verlangt die Klägerin - soweit im Berufungsverfahren noch von Interesse - die Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage ihrer Rechtsschutzversicherung.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat die Parteien und eine Zeugin zum Unfallhergang angehört und die Unfallörtlichkeiten in Augenschein genommen. Zur Schadenshöhe und zur Frage, ob die freie Werkstatt die Reparatur in gleicher Qualität wie die markengebundene Fachwerkstatt durchführen könne, hat es ein Sachverständigengutachten eingeholt. Es hat sodann eine Haftungsquote von 75:25 zu Lasten der Klägerin angenommen und ihr davon ausgehend 25% der bei einer Reparatur (ohne Lackierung der Frontverkleidung) in der freien Werkstatt anfallenden Nettokosten (216,67 EUR) zugesprochen. Die Klägerin habe gegen § 9 Abs. 1 StVO verstoßen, weil sie beim Linksabbiegen den rückwärtigen Verkehr nicht hinreichend beachtet habe. Ein Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO liege hingegen nicht vor, weil der Stichweg, der zu mehreren Grundstücken führe, eine öffentliche Straße und kein Grundstück sei. Der Beklagte zu 2) habe gegen § 5 Abs. 3 StVO verstoßen, weil er bei unklarer Verkehrslage überholt habe. Zwar stehe nicht fest, dass die Klägerin links geblinkt habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe sie ihre Geschwindigkeit aber vor der Einmündung verlangsamt, und der Beklagte zu 2) habe nicht davon ausgehen können, dass sie am rechten Fahrbahnrand anhalte. Zudem liege die Straße in einem Wohngebiet und sei durch schraffierte Flächen und Parkstreifen verkehrberuhigt. Die Schadenshöhe errechne sich aus den Reparaturkosten der freien Werkstatt, weil diese eine kostengünstigere gleichwertige Reparaturmöglichkeit biete und für die Klägerin mühelos zugänglich sei. Die Kosten für die Einholung einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung fielen nicht in den Schutzbereich des § 249 BGB, weil die Finanzierung des Prozesses allein Sache der klagenden Partei sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Mit der Berufung macht die Klägerin geltend, das Fehlverhalten des Beklagten zu 2), der an der Unfallstelle und in der konkreten Situation nicht hätte überholen dürfen, überwiege gegenüber einem möglichen Sorgfaltsverstoß deutlich. Die Schadenshöhe könne nicht mit einem Verweis auf die freie Werkstatt gekürzt werden, denn diese sei erst mehr als ein Jahr nach dem Unfall benannt worden, ohne dass ihr die technische Gleichwertigkeit substantiiert mitgeteilt worden se...