Verfahrensgang
AG Koblenz (Urteil vom 18.05.2022; Aktenzeichen 133 C 1875/21 WEG) |
Tenor
1. Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 18.05.2022, Az. 133 C 1875/21 WEG, teilweise abgeändert und unter Abweisung der weitergehenden Klage wie folgt neu gefasst:
Es gilt als beschlossen, dass ein Sachverständigengutachten zur Feststellung der voraussichtlichen Kosten für den Abriss des Bestandsgebäudes und die Errichtung des Gemeinschaftseigentums der Wohnungseigentümergemeinschaft eingeholt wird. Hierfür wird die Verwalterin beauftragt, unverzüglich Angebote für die Erstellung des Sachverständigengutachtens einzuholen und diese der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Wahl zu stellen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wird verpflichtet, über die Vergabe des Auftrags an eine Sachverständige oder einen Sachverständigen sowie dessen Finanzierung nach Miteigentumsanteilen einen Beschluss herbeizuführen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin einerseits und die Beklagte andererseits darf die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckbaren Betrags oder durch dessen Hinterlegung abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 232.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten um die Ersterrichtung einer Wohnungseigentumsanlage.
Das Amtsgericht hat mit dem der Klägerin am 19.05.2022 zugestelltem Urteil vom 18.05.2022, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Die Abweisung der Beschlussanfechtungsklage zu den gefassten Negativbeschlüssen hat es damit begründet, dass nicht feststehe, welche Maßnahmen für den Abriss – auch zum Schutz der Nachbargebäude – erforderlich seien. Außerdem sei der Ausgang der Rechtsstreitigkeiten gegen den ausführenden Bauunternehmer abzuwarten. Ein Anspruch auf Ersterrichtung bestehe in analoger Anwendung von § 22 Abs. 4 WEG in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung nicht, da das Gebäude noch nicht mindestens zur Hälfte errichtet worden sei. Die Abweisung der Beschlussersetzungsklage hat es mit den nicht konkret genug gefassten Anträgen begründet.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 16.06.2022 eingelegten Berufung, die sie mit einem innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist am 15.08.2022 eingegangenem Schriftsatz begründet hat. Sie verfolgt ihr erstinstanzliches Ziel vollumfänglich weiter. Unstreitig ist der ausführende Bauunternehmer nunmehr insolvent.
Die Klägerin trägt vor, dass mit der Modernisierung des Wohnungseigentumsrechts ein Anspruch auf Ersterrichtung bestehe. Die Wohnungseigentümergemeinschaft sei unauflöslich. Der Anspruch auf Ersterrichtung folge aus dem Grundsatz der ordnungsmäßigen Verwaltung. In Bezug auf die Beschlussersetzung reiche es aus, wenn ein Kläger sein Begehren grundsätzlich skizziere. Das Gericht müsse dann den Beschluss erlassen, der ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Koblenz vom 18.05.2022 (Az.: 133 C 1875/21 WEG) wird entsprechend der in der mündlichen Verhandlung erster Instanz gestellten Anträge wie folgt erkannt:
1.
Der Beschluss der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom 16.09.2021 zu Top 1 a unter der Überschrift „Eigentümeranträge Frau C. B.” mit dem Wortlaut
„Der Verwalter wird beauftragt innerhalb von drei Wochen ab heute (16.09.2021) Angebote für die restlichen Abbruch- und Räumungsarbeiten einzuholen und diese Arbeiten dann innerhalb von weiteren zwei Wochen zu vergeben und kurzfristig durchzuführen unter Beachtung aller von der Stadt K. erlassenen Ordnungsverfügungen.”
Ja 290 MEA Nein 810 MEA Enthaltungen 0 MEA
wird aufgehoben und im Wege der Beschlussersetzung durch das Gericht wie folgt gefasst:
„Der Verwalter wird beauftragt innerhalb von drei Wochen Angebote für die restlichen Abbruch- und Räumungsarbeiten einzuholen und diese Arbeiten dann innerhalb von weiteren zwei Wochen zu vergeben und kurzfristig durchzuführen unter Beachtung aller von der Stadt K. erlassenen Ordnungsverfügungen.”
hilfsweise wird beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, die zur Erfüllung der Auflagen der Bauaufsichtsbehörde in K. erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung eines bauordnungsrechtlich ordnungsgemäßen Zustandes ausführen zu lassen.
2.
Der Beschluss der Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung vom 16.09.2021 zu Top 1 b unter der Überschrift „Eigentümeranträge Frau C. B.” mit dem Wortlaut
„Der Verwalter wird beauftragt, unverzüglich Angebote für die Abdichtung der Nachbargiebel einzuholen und diese Leistung kurzfristig zu vergeben und durchführen zu lassen und zu überwachen, dass dies fachgerecht g...