Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumsverfahren: Entstehen einer anwaltlichen Verhandlungsgebühr bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren
Orientierungssatz
Im Wohnungseigentumsverfahren (hier: wegen Wohngeldrückständen) entsteht für die Verfahrensbevollmächtigten eine Verhandlungsgebühr nur dann, wenn auch eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist die Entstehung einer Verhandlungsgebühr ausgeschlossen.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Rechtsanwälte ... gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Köln vom 22.10.2002 (Az. 204 II 359/01) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
Mit dem Rechtsmittel, das als das statthafte und zulässig eingelegte Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2 ZPO auszulegen ist, begehren die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, gegen den Antragsgegner einen weiteren Kostenbetrag von EUR 135,39 nebst anteiliger Mehrwertsteuer, nämlich eine Gebühr nach § 35 BRAGO, festzusetzen. Sie sind der Auffassung, die Voraussetzungen des § 35 BRAGO, der über § 63 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO sinngemäß anzuwenden ist, lägen vor, wenn, wie hier, im Wohnungseigentumsverfahren, in dem rückständige Wohngelder geltend gemacht würden, eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden habe.
Das Rechtsmittel ist in der Sache nicht begründet. Eine Verhandlungsgebühr nach § 35 BRAGO ist nicht entstanden. Die Kammer sieht keine Veranlassung, von der herrschenden Auffassung (vgl. LG Flensburg, MDR 1976, 412; LG Darmstadt, Wohnungseigentümer 1990, 35; LG Wuppertal, ZMR 2002, 230) und ihrer ständigen Rechtsprechung (zuletzt etwa Beschluss vom 13.02.2002 - 29 T 237/01, ZMR 2002, 693, mit abl. Anm. Greiner) abzugehen. Die hiergegen von Greiner (a.a.O.) erhobenen Bedenken überzeugen nicht. § 35 BRAGO ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Im Wohnungseigentumsverfahren ist im Gegensatz zum ordentlichen Zivilprozess, für den § 35 BRAGO zunächst gilt, eine mündliche Verhandlung durch § 44 Abs. 1 WEG gesetzlich nicht vorgeschrieben. Für die Anwendung des § 35 BRAGO ist es ohne kostenrechtliche Relevanz, dass das durch § 44 WEG eingeräumte Ermessen im Regelfall dahingehend auszuüben sein wird, dass mündlich zu verhandeln ist. Soweit Greiner (a.a.O.) empfiehlt, dadurch eine mündliche Verhandlung und eine Verhandlungsgebühr zu erzwingen, daß zunächst unvollständig vorgetragen wird, wäre diesem Vorgehen dadurch zu begegnen, dass im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 47 S. 2 WEG dem Antragsgegner die dadurch verursachten Kosten nicht auferlegt werden.
Vorliegend ist eine Gebühr gemäß § 35 BRAGO nicht angefallen. Auch eine Verhandlungsgebühr ist nicht entstanden, da eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat, sondern im schriftlichen Verfahren entschieden worden ist.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 11 Abs. 4 RPflG, §§ 91, 97 ZPO. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 574 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. zu den Voraussetzungen BGH NJW 2002, 3029). Die Frage, ob im häufig vorkommenden Verfahren in Wohnungseigentumssachen, in denen Wohngeldrückstände geltend gemacht werden, bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung eine Rechtsanwaltsgebühr nach §§ 63 Abs. 1 Nr. 2, 35 BRAGO oder in entsprechender Anwendung dieser Vorschriften entsteht, ist eine obergerichtlich soweit ersichtlich bisher nicht geklärte immer wiederkehrende Frage.
Fundstellen
Haufe-Index 1733521 |
ZMR 2003, 533 |