Nachgehend
Tenor
Der Antrag vom 04.10.2011, der Beteiligten zu gestatten, der Antragstellerin unter Verwendung von Verkehrsdaten im Sinne des § 3 Nr. 30 TKG Auskunft zu erteilen über den Namen und die Anschrift derjenigen Nutzer, denen die in der
Anlage ASt 1
des Beschlusses vom 06.10.2011 aufgeführten IP-Adressen zu den jeweiligen Zeitpunkten zugewiesen waren, wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Eine Entscheidung über die Aufhebung der einstweiligen Anordnung vom 06.10.2011 erfolgt nach Rechtskraft dieses Beschlusses.
Gründe
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG liegen nicht vor.
Die Kammer sieht dabei von weiteren Ermittlungen ab, da nach dem bisherigen Vorbringen der Beteiligten nichts Sachdienliches mehr zu erwarten ist (vgl. Bumiller/Harders, FamFG Freiwillige Gerichtsbarkeit, 9. Aufl., § 12 Rn. 6). Im Einzelnen gilt folgendes:
Zwar liegt durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen zu den aus der Anlage zum Antrag ersichtlichen Zeitpunkten über eine sog. Tauschbörse eine Rechtsverletzung i.S.v. § 19a UrhG an dem Werk
- wie in der Antragsschrift aufgeführt -
vor.
Diese Verletzung geschah jedoch nicht "in gewerblichem Ausmaß" gem. § 101 Abs. 1 S. 1, 2 UrhG.
Dass auch für die Rechtsverletzung ein gewerbliches Ausmaß zu fordern ist, folgt in systematisch-teleologischer Hinsicht aus dem Umstand, dass § 101 Abs. 2 UrhG der Durchsetzung des Anspruchs aus § 101 Abs. 1 UrhG dient und in Anknüpfung an dessen Voraussetzungen den Kreis der zur Auskunft Verpflichteten erweitert ("unbeschadet von Abs. 1 auch"). Hierfür spricht auch die Gesetzesgenese (vgl. Erwägungsgrund 14 der RiLi 2004/48 EG v. 29.04.2004, Abl. L 195/16 v. 02.06.2004; Referentenentwurf "Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums" v. 03.01.06, S. 78, zu § 140b PatG nF; Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/5048, S. 49 zu der Fassung "im geschäftlichen Verkehr"; ebenso: OLG Köln, Beschl. v. 21.10.2008 - 6 Wx 2/08).
Das gewerbliche Ausmaß ergibt sich vorliegend weder aus der Schwere noch aus der Anzahl der Rechtsverletzungen.
Dafür, dass eine Vielzahl von Rechtsverletzungen durch eine einzelne Person begangen wurde, ist nichts ersichtlich.
Ebenso wenig liegt eine "schwere" Rechtsverletzung im Sinne von § 101 Abs. 1 S. 2 UrhG vor.
Die Regelung des § 101 Abs. 1 S. 2 UrhG verdeutlicht dabei den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, für die Bestimmung des "gewerblichen Ausmaßes" im Einzelfall neben der Anzahl zuzuordnender Rechtsverletzungen auch die Auswirkungen einer einzelnen Verletzungshandlung auf den Rechteinhaber zu berücksichtigen. Hiernach soll ein "schwere" Rechtsverletzung beispielsweise dann vorliegen, wenn eine besonders umfangreiche Datei wie ein vollständiger Kinofilm, ein Musikalbum oder ein Hörbuch unmittelbar vor oder nach Veröffentlichung in Deutschland öffentlich zugänglich gemacht wurde (vgl. zu diesen Erwägungen die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestags, BT-Drs. 16/8783, S. 44, 50). Denn innerhalb dieser besonders marktrelevanten Phase wird das Interesse des Rechteinhabers an der ungestörten kommerziellen Verwertung der ihm zustehenden Rechte durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen offensichtlich massiv geschädigt (vgl. insoweit auch OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2009 - 6 W 182/08: "relevante Verkaufs- bzw. Verwertungsphase"). Zugleich macht diese beispielhafte Aufzählung jedoch deutlich, dass lediglich eine qualifizierte Rechtsverletzung von erheblicher Bedeutung ein "gewerbliches Ausmaß" im Sinne von § 101 Abs. 9 UrhG annehmen kann .
Nach Auffassung der Kammer genügt das öffentliche Zugänglichmachen eines urheberrechtlich geschützten Werkes durch sog. "file-sharing" für die Feststellung einer Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß allein noch nicht. Zwar ist keine wirtschaftliche Betätigung des Verletzers mit Gewinnerzielungsabsicht nach herkömmlichem handelsrechtlichem Verständnis zu fordern. Denn der im Gesetzentwurf der Bundesregierung noch enthaltene und eine solche Lesart nahelegende engere Begriff des Handelns "im geschäftlichen Verkehr" (vgl. BT-Drs. 16/5048, S. 49, 44) wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens bewusst fallengelassen (vgl. insoweit die Stellungnahme der CDU/CSU-Fraktion zur Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestags, BT-Drs. 16/8783, S. 44; OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2009 - 6 W 182/08). Allein durch die Wahl einer "Tauschbörse" wird jedoch nicht ausgeschlossen, dass es sich um eine in gutem Glauben vorgenommene Handlung eines Endverbrauchers (vgl. insoweit Erwägungsgrund 14 der RiLi 2004/48 EG v. 29.04.2004, Abl. L 195/16 v. 02.06.2004) handelt (ebenso: OLG Zweibrücken, Beschl. v. 27.10.2008 - 3 W 184/08; a. A. wohl: LG Oldenburg, MMR 2008, 832; vgl. insoweit auch die Kritik des Rechtsausschusses des Bundesrates gegenüber der Gesetzesfassung bei BR-D...