Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 75.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2004 zu zahlen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin 500,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2005 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die aus der verspäteten und unzureichenden Versorgung des bei der Klägerin nach der OP vom 14.07.2004 im Hause des Kinderkrankenhauses der Beklagten aufgetretenen Kompartment-Syndroms zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin macht Ansprüche wegen angeblich fehlerhafter und ohne ausreichende präoperative Aufklärung durchgeführter ärztlicher Behandlung geltend.
Im Sommer 2004 wurde bei der damals 15-jährigen Klägerin eine Raumforderung im Bereich der linken Niere diagnostiziert. Nach zahlreichen Untersuchungen wurde die Klägerin deshalb am 13.07.2004 im Krankenhaus der Beklagten zum Zwecke einer Teilentfernung der linken Niere aufgenommen. Am selben Tag unterzeichneten die Eltern der Klägerin ein Einwilligungsformular für die für den Folgetag geplante Operation.
Am 14.07.2004 erfolgte die Operation in der Zeit von 8:30 - 20:00 Uhr, wobei die linke Niere zu 2/3 reseziert wurde.
Angaben zur Lagerung der Klägerin während der OP, insbesondere über die Verwendung von Lagerungshilfsmitteln, finden sich in den Unterlagen der Beklagten nicht, mit Ausnahme eines Vermerks im Operationsprotokoll (Bl. 26 der Behandlungsunterlagen der Beklagten), wo durch Ankreuzen vermerkt ist, dass die Operation in Rückenlage unter Verwendung von Fersenpolstern und einer Fixierung der Beine durchgeführt werden sollte.
Die Operation als solche erfolgte ausweislich der Behandlungsunterlagen der Beklagten ohne erkennbare Komplikationen.
Im Befundblatt vom 14.07.2004 ist für 22:00 Uhr vermerkt, dass die Klägerin über heftige Wadenschmerzen klage und die Waden, vor allem die rechte sehr berührungsempfindlich seien. Eine Umfangsvermehrung ist nicht festgestellt, die Hautfarbe als rosig und nicht glänzend beschrieben. Die Fußpulse waren beidseits nicht palpabel. Füße und Unterschenkel waren warm, der Fußheber allerdings schwach.
Für 0:00 Uhr ist auf dem Befundblatt dokumentiert:
"Frage Kompartment ≫ beobachten"
Auch in der Pflegedokumentation ist für den Abend vermerkt, dass die Klägerin immer wieder über Schmerzen klagte.
Ein in der Nacht genommenes Blutlabor ergab einen nur geringfügig erhöhten CK-Wert.
Eine auf der operativen Intensivstation am Morgen des 15.07.2004 vorgenommene Beinumfangsmessung ergab, dass der Unterschenkel rechts 2,5 cm dicker war als der linke, der Oberschenkel rechts 1 cm dicker war als der linke.
In der Pflegedokumentation sind erneut starke Schmerzen in den Beinen vermerkt. Eine Druckmessung gegen 10:30 Uhr ist als "positiv" beschrieben.
Der Befund einer Laboruntersuchung des Blutes von kurz nach 12 Uhr ergab einen extrem erhöhten Creatinin-Kinase-Wert.
Um 13:55 Uhr wurde die Klägerin zum Zwecke eines Konsils in das Krankenhaus N der Beklagten verlegt. Im Verlegungsbericht heißt es:
"Patientin klagt seit ca. 22:00 Uhr über heftige Wadenschmerzen beidseits, normale kräftige Beinbewegung in Hüfte und Kniegelenk, Fußheberschwäche beidseits, Sensibilitätsstörung nur Füße, an Vorabend Sono und Doppler o. B., CK 345, Krea 1,5, Symptomatik insgesamt zunehmend, keine Umfangsvermehrung bisher, alle Fußpulse dopplersonographisch darstellbar, Druckmessung in beiden Paeroneuskompartments und Tibialis anterior links normal. Labor heute früh CK 49 411, LDH 2 158 (Werte liegen bei). Da wir ein Kompartment-Syndrom nicht ausschließen können, erbitten wir Ihre Konsiliaruntersuchung."
Die konsiliarische Untersuchung in N ergab offenbar eine Nervenschädigung durch ein Kompartment-Syndrom rechts. Aus den bei den Akten der Beklagten befindlichen Konsilien ist eine eindeutige Empfehlung für das weitere Vorgehen nicht zu entnehmen. Allerdings heißt es im Entlassungsbrief, dass man ein manifestes Kompartment-Syndrom gefunden und eine rechtsseitige Fasziotomie empfohlen habe, während der linke Unterschenkel weiter beobachtet werden sollte.
Um 16:20 Uhr des 15.07.2004 traf die Klägerin wieder im Kinderkrankenhaus B- Straße ein.
Hier erfolgte in der Zeit von 18:30 Uhr bis 20:00 Uhr nach entsprechender Aufklärung der Eltern der Klägerin die Operation:
Es wurde zunächst rechts die vordere und die äußere Muskelloge eröffnet. Am linken Unterschenkel wurde durch eine kleine Hautöffnung die vordere Muskelloge eröffnet. Auf der rechten Seite wölbte sich die Muskulatur erkennbar vor, ist im Operationsbericht aber als unauffällig aus...