Verfahrensgang

AG Köln (Entscheidung vom 04.11.2010; Aktenzeichen 128 C 145/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 23.04.2013; Aktenzeichen II ZR 161/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 04.11.2010 - 128 C 145/10 - wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine vollständige Mitgliederliste bezüglich aller Mitglieder des Beklagten (Namen und Anschriften) zum Stichtag Rechtskraft des Urteils der Kammer an die Klägerin auszuhändigen.

Die Kosten Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- € abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen und Mitglied des Beklagten, der vom Verband der Lebensversicherungsunternehmen, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und dem Bundesverband der Deutschen Industrie zum Zwecke der Insolvenzsicherung nach dem BetrAVG am 01.01.1995 gegründet wurde.

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Herausgabe einer Mitgliederliste. Sie stützt dieses Begehren darauf, dass bestimmte Rechte nur von 5 % der Mitglieder des Beklagten geltend gemacht werden können. Zudem stützt sie ihr Begehren darauf, dass der Geschäftsführer der Klägerin nur dann eine Chance habe, in den Aufsichtsrat des Beklagten gewählt zu werden, wenn er eine entsprechende Wahlwerbung betreiben kann.

Der Beklagte meint, einem Anspruch stehe bereits § 67 Abs.6 AktG entgegen. Zudem sei ihm eine Weitergabe der Mitgliederdaten nach § 28 Abs.2 Nr.2 a BDSG verwehrt. Außerdem ergebe sich aus § 15 BetrAVG eine Geheimhaltungspflicht.

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 04.11.2010 mit der Begründung abgewiesen, dass die mit dem Hauptantrag auf Herausgabe einer Liste zum Stichtag Rechtshängigkeit der Klage schon auf eine unmögliche Leistung gerichtet sei, weil dem Beklagten eine Reproduktion auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit nicht möglich sei. Den auf den Stichtag Rechtskraft gerichteten Hilfsantrag hat das Amtsgericht mit der Begründung abgewiesen, dass - wie bei der Aktiengesellschaft nach § 67 Abs.6 Satz 1 AktG - ein Anspruch nicht gegeben sei.

Gegen dieses ihr am 08.11.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit bei Gericht am 19.11.2010 eingelegten Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit bei Gericht am 10.01.2011 - Montag - eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin beantragt,

  • 1.

    unter Abänderung des am 04.11.2010 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Köln, Aktenzeichen 128 C 145/10, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin eine vollständige Mitgliederliste bezüglich aller Mitglieder der Beklagten zum Stichtag Rechtskraft des Urteils letzter Instanz an die Klägerin auszuhändigen.

  • 2.

    hilfsweise unter Abänderung des am 04.11.2010 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Köln, Aktenzeichen 128 C 145/10, den Beklagten zu verurteilen, eine vollständige Mitgliederliste bezüglich aller Mitglieder des Beklagten zum Stichtag Rechtskraft des Berufungsurteils an einen durch das Gericht zu bestimmenden Treuhänder auszuhändigen.

  • 3.

    (Zu diesem Antrag wurde nicht verhandelt)

    hilfsweise den beklagten Verein zu verurteilen, Namen und Anschriften derjenigen Arbeitgeber, die eine insolvenzsicherungspflichtige betriebliche Altersversorgung bei dem Beklagten durchführen, zum Stichtag Rechtskraft des Urteils letzter Instanz in diesem Verfahren an die Klägerin auszuhändigen,

    hilfsweise an einen durch das Gericht zu bestimmenden Treuhänder.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Überlassung einer Mitgliederliste zum Stichtag Rechtskraft des Urteils aus einem mitgliedschaftlichen Informationsanspruch, der sich aus den allgemeinen vereinsrechtlichen Grundsätzen ableiten lässt. Das privatrechtliche Vereinsrecht, das auch hier Anwendung findet, gibt den Mitgliedern einen durchsetzbaren Anspruch auf Einsicht in die Mitgliederlisten und Herausgabe einer Abschrift mit deren Anschriften (vgl. BGH, Urteil v. 11.01.2011, Az.: II ZR 187/09; Beschluss v. 21.06.2010, Az.: II ZR 219/09; Beschluss v. 25.10.2010, Az.: II ZR 219/09, ZIP 2010, 2399; OLG Saarbrücken, Urteil v. 02.04.2008, Az.: 1 U 450/07, NZG 2008, 677; jeweils m.w.Nw.).

Die Vorschriften des Vereinsrechts des BGB sind grundsätzlich auch auf den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) anwendbar. Der VVaG ist ein privatrechtlicher Verein, der in erster Linie spezialgesetzlich im VAG geregelt ist. Er ist zudem ein bürgerlich-rechtlicher Verein, in dem Sinne, dass die Vereinsvorschriften des BGB auf ihn Anwendung finden, soweit sich nicht aus positiven Vorschriften oder aus der Natur der Sache ein anderes ergibt. Die §§ 21-53 BGB sind daher auf den Verein auf Gegenseitigkeit anwendba...

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