Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflichtteilsansprüche
Nachgehend
Tenor
- Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Überleitung eines Pflichtteilsanspruchs auf den klagenden Sozialhilfeträger.
Die Eheleute M… und H… Sch… errichteten am 15.05.1993 ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig als alleinige Erben einsetzten. Als Erben nach dem Letztversterbenden wurden die acht Kinder bestimmt, wobei im Bezug auf die Tochter V… die Testamentsvollstreckung angeordnet wurde. Das Testament bestimmte weiter, daß ein Kind, das nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangt, nach dem Tod des anderen Elternteils ebenfalls “auf den Pflichtteil gesetzt” werden sollte. M… Sch… starb am 22.12.1999, H… Sch… am 04.03.2000.
Die gemeinsame Tochter V… ist geistig behindert und seit 01.04.1986 in einem Wohnheim in S… untergebracht. Der Kläger trägt die Kosten der Heimunterbringung im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem BSHG. Der Kläger leitete durch Bescheid vom 29.06.2001 sämtliche erbrechtlichen Ansprüche der V… gegen den Nachlaß ihrer Eltern auf sich über und machte diese Ansprüche auch am 29.06.2002 gegen die Beklagten, die übrigen sieben Kinder der Verstorbenen, geltend.
Die für V… bestellte Ergänzungsbetreuerin lehnte die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen wegen nachteiliger Folgen für die Betreute ab.
Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, das Testament sei dahingehend auszulegen, daß die Ehegatten sich gegenseitig als Vollerben einsetzen wollten und die Kinder damit für den ersten Erbfall enterbt seien. Daraus ergebe sich nach dem Tod des M… Sch… ein Pflichtteilsanspruch der V…, den der Kläger nach § 90 Abs. 1 S. 1 BSHG auf sich übergeleitet habe.
In Form der Stufenklage hat der Kläger zuletzt beantragt,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen
a) durch Vorlage eines durch einen Notar errichteten Nachlaßverzeichnisses über den Bestand des Nachlasses des M… Sch… zum Zeitpunkt des Erbfalls,
b) über die ausgleichspflichtigen Zuwendungen sowie die Schenkungen des M… Sch… innerhalb der letzten zehn Lebensjahre,
c) über den Güterstand der Eheleute Sch….
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den Wert der Nachlaßgegenstände und der zugewendeten bzw. geschenkten Gegenstände gemäß Ziffer 1.b) durch Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zu ermitteln.
3. Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die nach Erteilung der Auskunft und der Wertermittlungen zu beziffernden Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsbeträge nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Rechtsansicht, der Pflichtteilsanspruch hänge von seiner Geltendmachung durch den Pflichtteilsberechtigten ab. Die Ergänzungsbetreuerin der V… habe insoweit bindend entschieden, den Pflichtteilsanspruch nach dem Tod des M… Sch… nicht geltend zu machen. Auch ergebe sich aus dem Testament der Wille der Ehegatten, den Zugriff des Sozialhilfeträgers auf das Vermögen ihrer Tochter V… zu verhindern, um dieser über die Sozialleistungen hinaus etwas zukommen zu lassen. Die Überleitung der Pflichtteilsansprüche durch den Beklagten ginge somit ins Leere.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, sowie auf Protokolle und sonstige Aktenteile verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger war im vorliegenden Fall aus Rechtsgründen daran gehindert, einen Pflichtteilsanspruch der V… nach dem Erstversterbenden Elternteil nach § 90 BSHG auf sich überzuleiten, da die Überleitung des Pflichtteilsanspruches nach dem Erstversterbenden Elternteil im Ergebnis einer dem Kläger verwehrten Ausschlagung der Erbschaft nach dem Letztversterbenden gleichkommt; ihm steht deshalb auch kein Auskunftsanspruch aus § 2314 Abs. 1 BGB gegen die Beklagten zu.
I.
Grundsätzlich ist anerkannt, daß der Sozialhilfeträger nach § 90 BSHG auch Pflichtteilsansprüche auf sich überleiten kann (Schellhorn, Kommentar zum BSHG, 16. Aufl., § 90, Rdnr. 22 mwN).
Es könnte vorliegend darüber diskutiert werden, ob nicht der Umstand, dass die Überleitung der Ansprüche deren Geltendmachung durch den Berechtigten voraussetzt und diese – im vorliegenden Fall unterbliebene – Geltendmachung als höchstpersönliches Recht den Pflichtteilsanspruch auch für den Sozialträger unerreichbar macht (vgl. hierzu Palandt, 62. Auflage, § 2317, Rdnr. 9). Denn das Gesetz knüpft das Entstehen von Rechtswirkungen aus ...