Verfahrensgang
AG Krefeld (Urteil vom 16.08.2022; Aktenzeichen 2 C 541/20) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 16.08.2022, Aktenzeichen 2 C 541/20, abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
I.
Die Parteien streiten in zweiter Instanz um die Verpflichtung des Beklagten zur Räumung seiner Wohnung nach Kündigung des zwischen den Parteien seit dem Jahr 1984 bestehenden Mietverhältnisses durch die klagenden Vermieter.
Die Kläger stützen ihr Räumungsbegehren auf eine Kündigung des Mietverhältnisses vom 07.10.2020 (Anlage K2), mit dem sie das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß, kündigten. Zur Begründung der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses zogen sie ein Schreiben des Beklagten vom 22.09.2020 heran, in dem der Beklagte eine Nebenkostenabrechnung der Kläger für den Zeitraum vom 01.04.2019 bis 31.03.2020 beanstandete und den Klägern strafbares Verhalten, insbesondere Betrug, Untreue und Urkundenfälschung vorwarf. Eine erneute Kündigung des Mietverhältnisses sprachen die Kläger mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.02.2022 aus mit der Begründung, der Beklagte störe nachhaltig den Hausfrieden, indem er gegenüber Mitmietern erklärt habe, er könne die übrigen Wohnungen im Haus abhören, und zum Beweis dieser Behauptung zwei Mitmietern Aufnahmen von Gesprächen aus der Wohnung eines dritten Mitmieters vorgespielt habe.
Der Beklagte hat sich erstinstanzlich darauf berufen, das von den Klägern als beleidigend empfundene Schreiben rechtfertige keine Kündigung, weil es lediglich sachlich formulierte Beanstandungen enthalte. Jedenfalls aber liege eine schuldhafte Verletzung von Vertragspflichten nicht vor. Er leide unter einer Persönlichkeitsstörung, die es ihm zumindest erschwere, Kritik zurückhaltend zu äußern. Er sei zudem durch die nach der Kündigung drohende Räumungsverpflichtung psychisch dekompensiert und habe Suizidgedanken. Hinsichtlich der weiter ausgesprochenen Kündigung hat er geltend gemacht, er habe lediglich zwei Mitmietern Aufnahmen von Gesprächen aus einer Nachbarwohnung vorgespielt, die aufgrund der Lautstärke der geführten Gespräche in seiner Wohnung deutlich zu hören gewesen seien. Weder habe er Abhöreinrichtungen installiert noch seinen Mitmietern gezeigt oder ihnen gegenüber behauptet, Nachbarn abzuhören.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird im Übrigen gemäß § 540 ZPO auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen.
Das Amtsgericht hat den Beklagten durch das angefochtene Urteil zur Räumung verurteilt. Es hat zuvor Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens nebst mündlicher Erläuterung durch Einholung eines nervenfachärztlichen Gutachtens zu der Frage, ob der Beklagte an die Schuldfähigkeit ausschließenden Erkrankungen oder einer Persönlichkeitsstörung leide sowie zu der Frage, welche gesundheitlichen Folgen dem Beklagten im Fall einer Räumung drohen. Zur Begründung des die Räumungsverpflichtung des Beklagten bejahenden Urteils hat das Amtsgericht ausgeführt, die in dem Schreiben des Beklagten vom 22.09.2020 enthaltenen gegen die Kläger erhobenen Vorwürfe rechtfertigten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles die Annahme der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses. Auch die festgestellte besondere Persönlichkeitsstruktur des Beklagten rechtfertige keine andere Beurteilung.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form- und fristgemäß Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 16.08.2022, Az. 2 C 541/20 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen und das angefochtene Urteil aufrechtzuerhalten.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und berufen sich zur Begründung ihres Räumungsbegehrens auch auf die weitere Kündigung vom 16.02.2022.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Beklagte ist nicht zur Räumung verpflichtet. Das Mietverhältnis besteht fort.
1.
Die Kündigung der Kläger vom 07.10.2020 hat das Mietverhältnis nicht beendet. Aus dem darin in Bezug genommenen vom Beklagten verfassten Schreiben vom 22.09.2020 ergibt sich unter der hier maßgeblichen Berücksichtigung aller weiteren Umstände des Einzelfalles und der beiderseitigen Interessen keine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses im Sinne von § 543 Ab. 1 S. 2 BGB.
Zu Recht weist das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass an die Feststellung der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses ein strenger Maßstab anzulegen ist. Die Grenze für eine Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung sieht die Kammer unter Berücksichtigung dieses geltenden Maßstabes (noch) nicht als überschritten an. Zwar hat der Beklagte in dem in Rede stehenden Schrei...