Verfahrensgang

AG Neu-Ulm (Beschluss vom 21.08.2003; Aktenzeichen IK 71/00)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts Neu-Ulm vom 21.08.2003 aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht Neu-Ulm zur Neuentscheidung

zurückverwiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Mit Beschluss vom 01.09.2000, auf dessen Inhalt (Bl. 101/103 d.A.) Bezug genommen wird, eröffnete das Amtsgericht Neu-Ulm auf Antrag der Gläubigerin S vom 17.04.2000 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestimmte Herrn … als Treuhänder.

In der vom Schuldner unter Versicherung an Eides statt erstellten Vermögensübersicht vom 21.05.2000 mit Anlagen, auf deren Inhalt (Bl. 11/20 d. A.) verwiesen wird, verneinte der Schuldner, Bank- und Sparkassen- und Postguthaben zu besitzen. Er erwähnte auch nichts davon, dass er derartige Guthaben besitzt, diese aber zur Sicherheit verpfändet hat.

Tatsächlich war er Kontoinhaber und Verfügungsberechtigter des Sparkontos …, das am

05.06.2000 mit einem Abrechnungsbetrag von 42.650,71 DM aufgelöst wurde, wobei der Abrechnungsbetrag an die Firma … ausbezahlt wurde, an der er mit 50 % als geschäftsführender Gesellschafter beteiligt war.

Das …, das gegen den Schuldner eine anerkannte Forderung von 128.829,18 EUR hat, beantragte deshalb in dem am 12.03.2002 durchgeführten Schlusstermin, dem Schuldner die Restschuldbefreiung wegen Nichtangabe des Sparkontos bei der im "Vermögensverzeichnis"(richtig:

Vermögensübersicht!) mit der Übertragung dieser Gelder in Höhe von 42.650,00 DM am 05.06.2000 an die …, zu versagen. Der Schuldner wurde hierzu gehört. Er hat sich insoweit mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 15.05.2003 und 19.08.2003, auf deren Inhalt (Bl. 195/196 d. A.) sowie (Bl. 221/223 d. A.) Bezug genommen wird, geäußert.

Nach Einholung der schriftlichen Stellungnahme der … vom 21.07.2003, auf deren Inhalt (Bl. 205/215 d. A.) Bezug genommen wird, versagte das Amtsgericht Neu-Ulm mit Beschluss vom 21.08.2003, auf dessen Inhalt (B1. 224/225 d. A.) verwiesen wird, die vom Schuldner beantragte Erteilung der Restschuldbefreiung gem. § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO.

Gegen diesen, der Post am 25.08.2003 zur Aushändigung an den Bevollmächtigten des Schuldners gemäß §§ 184 ZPO, 8 InsO ausgehändigten Beschluss legte der Schuldner mit einem am selben Tag eingegangenen Fax-Schreiben vom 26.08.2003, auf dessen Inhalt (Bl. 227 d. A.) Bezug genommen wird, "Widerspruch” ein.

Das Amtsgericht Neu-Ulm half dem als sofortige Beschwerde zu behandelnden "Widerspruch” des Schuldners mit Beschluss vom 27.08.2003, auf dessen Inhalt (Bl. 228 d. A.) Bezug genommen wird, nicht ab und legte die Akten dem Landgericht Memmingen als Beschwerdegericht zur Entscheidung vor.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß §§ 6, 300 Abs. 3 Satz 2 InsO statthafte und gem. §§ 4 InsO, 568 ff ZPO analog zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Das Amtsgericht Neu-Ulm durfte den Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung nicht gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO ablehnen.

Nach § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO ist auf einen gemäß § 290 Abs. 2 InsO zulässigen Antrag eines Gläubigers im Schlusstermin die Restschuldbefreiung zu versagen, wenn der Schuldner in den nach 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorzulegenden Verzeichnissen seines Vermögens und seines Einkommens, seiner Gläubiger und der gegen ihn gerichteten Forderung vorsätzlich oder grob fahrlässig, unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat.

Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht gegeben, da im gegenständlichen Fall keine Erklärung des Schuldners nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO, sondern lediglich eine eidesstattlich versicherte Vermögensübersicht gemäß § 153 InsO vorliegt. Unrichtige Angaben in dieser Vermögensübersicht, auf die das Amtsgericht die Versagung der Restschuldbefreiung alleine gestützt hat, werden nach dem eindeutigen Wortlaut des § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO von dieser Vorschrift nicht erfasst.

Die eidesstattlich versicherte unvollständige Vermögensübersicht gemäß § 153 InsO führt möglicherweise zur Strafbarkeit einer falschen Versicherung an Eides statt. Sie kann auch evtl. eine Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO, worüber das Erstgericht noch zu entscheiden haben wird, rechtfertigen.

Gemäß § 305 InsO, der mit Eröffnungsantrag des Schuldners überschrieben ist, hat der Schuldner seinem Insolvenzantrag u.a. ein Vermögensverzeichnis, eine Vermögensübersicht, ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis der gegen ihn gerichteten Forderungen beizufügen. Im gegenständlichen Fall liegt jedoch kein auf Antrag des Schuldners eröffnetes Insolvenzverfahren, sondern ein auf Antrag einer Gläubigerin eröffnetes Insolvenzverfahren vor. Auch deshalb ist § 305 InsO nicht anwendbar.

§ 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO erfasst daher wegen der abschließenden Aufzählung der Versagungsgründe in Abs. 1 keine unrichtigen oder unvollständigen Angaben in anderen Verzeichnissen wie z. B. hier der Vermögensübersicht ...

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