Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 11.09.2000; Aktenzeichen 1534 M 28615/00) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Gläubiger gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Vollstreckungsgericht – vom 11.9.2000 – in berichtigter Fassung vom 22.1.2001 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass unter Aufhebung des Pfändungsbeschlusses des Amtsgerichts München – Vollstreckungsgericht – vom 28.6.2000 der Antrag der Gläubiger auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses vom 28.6.2000 zurückgewiesen wird.
II. Die Gläubiger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Beschwerdewert wird auf 1.181,05 DM festgesetzt.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde der Gläubiger gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 11.9.2000 – in berichtigter Fassung vom 22.1.2001 – (§§ 793 Abs. 1, 569, 577 Abs. 2 ZPO) hat in der Sache keinen Erfolg.
In Übereinstimmung mit der angefochtenen amtsgerichtlichen Entscheidung vom 11.9.2000 gelangt die Kammer, zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für eine von den Gläubigerin beantragte Pfändung der bei der DENIC eG für den Schuldner unter der Top-Level-Domain: .de registrierten Second-Level-Domainnamen mit den Bezeichnungen:
…
nicht vorliegen.
Soweit mit der Entscheidung des Amtsgerichts vom 11.9.2000 – verbunden mit dem Berichtigungsbeschluss des Amtsgerichts vom 22.1.2001 – lediglich der Pfändungsbeschluss des Amtsgerichts vom 28.6.2000 aufgehoben wurde, ist mit der vorliegenden Entscheidung zur Klarstellung auch der Antrag der Gläubiger vom 7.6.2000, soweit er nicht hinsichtlich der Domain liebwein.de ohnehin zurückgenommen wurde, zurückzuweisen.
Der Schuldner beruft sich mit Erfolg auf eine Unzulässigkeit einer Pfändung seiner obenbezeichneten Domainnamen.
Grundsätzlich gibt § 857 ZPO dem Gläubiger die Möglichkeit, zum Zweck der Befriedigung seiner titulierten Forderung nicht nur auf das bewegliche Vermögen (§ 803 ff ZPO) und auf Geld oder Sachforderungen (§§ 829, 846 – 848 ZPO) sowie unbewegliches Vermögen (§§ 864, 865 ZPO), sondern auch auf andere vermögensrechtliche – zumindest nach privatrechtlichen Grundsätzen übertragbare – Rechte Zugriff zu nehmen. Auch unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung der §§ 829, 857 ff ZPO, nämlich dem Gläubiger eine umfassende Zugriffsmöglichkeit auf Vermögensrechte des Schuldners zu verschaffen, gelangt die Kammer zu dem Ergebnis, dass nach der derzeitigen Rechtslage insbesondere unter Berücksichtigung des bestehenden Vergabesystems die nach dem vorliegenden Antrag der Gläubiger zu pfändenden Domains nicht als selbständig pfändbare und unter Mitwirkung: der Vollstreckungsorgane verwertbare Rechte gemäß §§ 829, 857 ff ZPO anzusehen sind.
Die Rechtsnatur der Domains ist bisher in der Rechtsprechung vorwiegend im Rahmen von Entscheidungen zu geltend gemachten Verletzungen von Markenrechten, geschäftlichen Bezeichnungen, geografischen Herkunftsangaben sowie Namen unter Bezug auf §§ 14, 15, 126 MarkenG, § 12 BGB, § 37 Abs. 2 HGB, §§ 823, 1004 BGB, §§ 1, 3 UWG erörtert worden (vgl. das System der Domainnamen im Internet, Rz 296 ff zu § 3 MarkenG, Fezer 2. Auflage). Abweichend von einzelnen gerichtlichen Entscheidungen, die auf die freie Wählbarkeit der Buchstabenkombination für den Domainnamen abstellen (LG Köln BB 1997, 1121) bejaht die Kammer mit dem überwiegenden Teil der Rechtsprechung, der sich die Kammer bereits in der den Parteien vorliegenden Entscheidung vom 28.6.2000 (CR 2000, 620) angeschlossen hat, neben der Adressfunktion auch die Namens- und Kennzeichenfunktion von Domains. Zum Schutzbedürfnis des Inhabers eines Domainnamens ist nämlich festzustellen, dass die beteiligten Verkehrskreise einen Domainnamen nicht nur als Verbindung zu dem durch das Internet angeschlossenen Rechner, sondern auch zu dem Inhaber des Domainnamens auffassen. Soweit diese Erwartung enttäuscht wird, führt die Verwendung auch eines frei wählbaren Kennzeichens oder Namens zu einer Zuordnungsverwirrung und Identitätstäuschung (vgl. Rz 305 zu § 3 MarkenG, Fezer 2. Auf tage und BGH zur Fernschreibkennung GRUR 86, 475).
Im Zusammenhang mit der hier zu entscheidenden Frage der Zulässigkeit einer Pfändung und Verwertung von Domains ist in der von der Gläubigerpartei angeführten Entscheidung des Landgerichts Essen vom 22.9.1999 (CR 2000, 247) zur Rechtsnatur eines Domainnamens darauf abgestellt, dass Domainnamen übertragbar seien und dass auf einem bestimmten Markt Domainnamen angeboten und entgeltlich erworben werden. Soweit in der Literatur (RA Dr. Harald Schneider: „Pfändung und Verwertung von Internet-Domains”, ZAP 1999, 1199; Dr. Gunda Plaß: „Die Zwangsvollstreckung in die Domain”, WRP 2000, 1077) die Pfändbarkeit und Verwertung von Domains bejaht wird, erörtern die Verfasser der genannten Aufsätze zwar die in der Rechtsprechung zum Namens- und Kennzeichenschutz festgestellte Hinweisfunktion von Domains, gelangen jedoch zu dem Ergebnis, dass Kennzeichenrechte an der Domain und der Namensschutz de...