Leitsatz (amtlich)
1. Die Anfechtungsklage gegen einen Beschluss einer Untergemeinschaft, die nach der Gemeinschaftsordnung eigene Eigentümerversammlungen abhalten darf und die grundsätzlich mit eigenen Beschlusskompetenzen ausgestattet ist, ist nur gegen die übrigen Eigentümer der betreffenden Untergemeinschaft zu richten.
2. Bestimmt die Gemeinschaftsordnung, dass sowohl die Gesamtgemeinschaft als auch die Untergemeinschaften Jahresabrechnungen aufstellen sollen, besteht eine Beschlusskompetenz der Untergemeinschaft zur Genehmigung der Jahresabrechnung nur, soweit durch diese Abrechnung gemeinschaftsbezogene Zu- und Abflüsse auf die Miteigentümer der Untergemeinschaft verteilt werden, die zuvor durch die Abrechnung der Gesamtgemeinschaft der Untergemeinschaft wirksam zugewiesen wurden.
Verfahrensgang
AG München (Urteil vom 19.03.2010; Aktenzeichen 481 C 1320/09 WEG) |
Tenor
I. Das Urteil des Amtsgerichts München vom 19.03.2010 wird in Ziffern 1. bis 3. des Tenors aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Untergemeinschaft A.-Str. 13+15 vom 14.09.2009, TOP 2 (Genehmigung der Jahresabrechnungen 2008) nichtig ist.
III. Die Beklagten tragen samtverbindlich die Kosten beider Rechtszüge.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.500 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313a I 1 ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das vorliegende Urteil unzweifelhaft nicht in Betracht kommt: Die Revision wurde nicht zugelassen; eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 62 Abs 2 WEG n. F. ausgeschlossen, da es sich vorliegend um eine Streitigkeit nach § 43 Nr. 4 WEG handelt(Spielbauer/Then, WEG, § 62 Rz. 6).
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg. Auf die Anfechtungsklage hin war festzustellen, dass der Beschluss der Untergemeinschaft A-Str. 13+15 nichtig ist.
1. Zu Recht hat die Klägerin lediglich die übrigen Eigentümer der Untergemeinschaft, nicht auch die anderen Eigentümer der Gesamtwohnanlage verklagt.
a) Zwar ist die Anfechtungsklage nach § 46 I WEG grundsätzlich gegen sämtliche übrigen Miteigentümer der WEG zu richten (Bärmann/Klein, WEG, 11. Aufl., § 46 Rz. 38).
b) Etwas anderes gilt aber, wenn der angegriffene Beschluss auf einer Eigentümerversammlung nur einer Untergemeinschaft der WEG gefasst wurde und, wie hier, eine solche Eigentümerversammlung der Untergemeinschaft von der Teilungserklärung vorgesehen und auch grundsätzlich mit eigenen Beschlusskompetenzen ausgestattet ist. In diesem Fall ist die Anfechtungsklage nur gegen diejenigen Eigentümer zu richten, die der Untergemeinschaft angehören, die also grundsätzlich gemäß §§ 23 I, 25 I in Verbindung mit der Teilungserklärung hätten abstimmen dürfen (so im Ergebnis auch LG Düsseldorf NZM 2010, 288, wo nicht beanstandet wurde, dass die Klage nur gegen die Eigentümer der Untergemeinschaft „XXX” der Gesamtgemeinschaft „ZZZ” gerichtet wurde).
(1) Dafür spricht schon der Wortlaut des § 46 I WEG.
Demnach ist die Klage auf Erklärung der Ungültigkeit eines „Beschlusses der Wohnungseigentümer” gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten. Wohnungseigentümer im Sinne der Norm sind also diejenigen Miteigentümer, deren Beschluss auf dem Prüfstand steht.
Grundsätzlich sind das alle Eigentümer, weil Beschlüsse nach der gesetzlichen Ausgangslage in der Gesamteigentümerversammlung gemäß § 23 I WEG gefasst werden. Hier gilt aber aufgrund der Teilungserklärung ausnahmsweise etwas anderes: Es gibt Eigentümerversammlungen nur der Untergemeinschaften auf denen ebenfalls grundsätzlich Beschlüsse gefasst werden dürfen. Verantwortlich für diese Beschlüsse sind dann aber auch nur die Eigentümer dieser Untergemeinschaft. Deren Beschluss wird angefochten. Sie sind also die Wohnungseigentümer im Sinne des § 46 I WEG, die es zu verklagen gilt.
(2) Diese Lösung ist auch alleine interessengerecht.
Es wäre sinnwidrig, die Eigentümer, die auf der Eigentümerversammlung der Untergemeinschaft gar kein Stimmrecht hätten, mitzuverklagen. Sie haben keine Befugnis, über den verfahrensgegenständlichen Beschluss der Untergemeinschaft, der sie nicht angehören, zu disponieren. Streng genommen dürften sie daher auch keine Sachanträge im Prozess stellen, die auf eine solche Disposition über den Beschluss abzielten. So wäre es ihnen z.B. nicht möglich, die Klage anzuerkennen und so den Beschluss zu Fall zu bringen. Auch die Zustimmung zu einem Vergleich, der den Beschluss abändern oder gar aufheben würde, wäre ihnen versagt.
Auch wäre es nicht berechtigt, die nicht zur Untergemeinschaft gehörenden Miteigentümer dem Haftungsrisiko für Prozesskosten, die eine rechtswidrige Beschlussfassung verursacht, auszusetzen, obwohl sie mangels Stimmrecht keine Möglichkeit hatten, den Beschluss unmittelbar zu beeinflussen.
(3) Dieser Sichtweise steht nicht entgegen, dass die Untergemeinschaft nur ein unselbständiger Teil der Gesamtgemeinschaft ist, der selbst nicht (teil)rechtsfähig...