Verfahrensgang
AG Oldenburg (Oldenburg) (Entscheidung vom 05.09.2002; Aktenzeichen E8 C 8074/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Oldenburg vom 05.09.2002, Az.: ... geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits bei einem Streitwert von 1.064,51 EUR trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg, so dass das Urteil des Amtsgerichts Oldenburg vom 05.09.2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen ist.
Auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 1.064,51 EUR aus der am 30.07.2001 abgeschlossenen Vollreiserücktrittsversicherung.
Die Beklagte ist nicht nach Ziffer III § 1 e ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen einstandspflichtig. Die Klägerin ist nämlich nicht aufgrund einer unerwartet schweren Erkrankung gehindert gewesen, die für den 15.09.2001 geplante und gebuchte Türkeireise anzutreten.
Die Beklagte hat bewiesen, dass der Krankheitsschub der chronischen Rheumaerkrankung der Klägerin, bei der es sich unstreitig um eine schwere Krankheit handelt, für die Klägerin vorhersehbar war.
Vorhersehbarkeit ist dann zu bejahen, wenn aufgrund dem Versicherungsnehmer bekannter Tatsachen eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für das Auftreten der Krankheit spricht, wobei auf die Sicht eines nicht mit medizinischen Spezialkenntnissen ausgerüsteten durchschnittlichen Versicherungsnehmers abzustellen ist (vgl. Prölls/Martin, VVG 26. A., § 1 ABRV Rnr. 14). Bei dem Vorhandensein einer Krankheit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses kommt es somit darauf an, ob mit Wahrscheinlichkeit die Fortdauer oder die Verschlechterung des Leidens bis zum Reisedatum zu erwarten ist.
Hier ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Schwarz-Eywill, dass die Klägerin seit dem Jahr 1997 an einer entzündlichen rheumatischen Erkrankung litt. Diese als chronisch zu qualifizierende Erkrankung führte dazu, dass sich die Klägerin bereits mehrfach, so vom 09.11. bis zum 16.11.1999 und erneut im Jahr 2000 über mehrere Wochen u.a. stationär behandeln lassen musste. Der Sachverständige hat weiterhin ausgeführt, dass die entzündlich rheumatische Erkrankung der Klägerin sich im Anfangsstadium befinde, wobei dieses Stadium mehrere Jahre lang anhalten könne.
Die Krankheit sei durch Schubsituationen gekennzeichnet, wobei sich die Beschwerdesymtomatik "über Nacht" entwickeln könne. Zwischen den Schüben könnten Zeitintervalle von Wochen, Monaten oder in seltenen Fällen auch von Jahren liegen.
Aus alldem ergibt sich, dass der erneute Rheumaschub der Klägerin am 11.09.2001, der zur Stornierung der für den 15.09.2001 gebuchten Türkeireise geführt hat, für die Klägerin nicht unerwartet kam. Sie litt seit Jahren an der als schwer einzustufenden entzündlich rheumatischen Erkrankung, die der Sachverständige S. detailliert beschrieben hat. Insoweit ist festzustellen, dass zwar der konkrete Schub für die Klägerin unerwartet eingetreten sein mag, die dem konkreten Schub zugrunde liegende Erkrankung war jedoch der Klägerin bereits seit dem Jahr 1997 bekannt. Die Klägerin hätte somit damit rechnen können und müssen, dass auch zum Zeitpunkt der gebuchten Türkeireise möglicherweise bei ihr ein Rheumaschub auftritt, der dazu führt, dass sie bis zum Antritt der Reise nicht wieder gesund ist.
An der vorstehenden Wertung ändert auch die Tatsache nicht, dass die Hausärztin der Klägerin ihr unter dem 14.12.2001 attestiert hat, dass im Zeitpunkt der Buchung und in den Monaten davor bezüglich des Rheumas ein reisefähiger Zustand vorgelegen und ein Rheumaschub nicht zu erwarten gewesen wäre. Wie sich eindeutig aus dem Gutachten des Sachverständigen S. ergibt, kann sich ein konkreter Rheumaschub ohne konkrete Auslöser entwickeln, so dass gerade nicht vorhersehbar war, wann ein Rheumaschub, der auf der chronischen Erkrankung beruht, bei der Klägerin auftritt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 und 713 BGB analog.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 543 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 3028442 |
VersR 2004, 110 |
VersR 2004, 110 (red. Leitsatz) |