Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwertfestsetzung im Wohnungseigentumsverfahren. Ermittlung des maßgeblichen Interesses

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Streitwertfestsetzung in einem Wohnungseigentumsverfahren, das die Anfechtung eines Beschlusses der Wohnungseigentümer betrifft, ist bei der Ermittlung des maßgeblichen Interesses (vgl. § 49a GKG) nicht allein auf den Wortlaut des Klageantrags abzustellen, sondern durch Auslegung der wirkliche Wille des Klägers (§ 133 BGB) zu ermitteln.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 139; ZPO § 325; GKG §§ 49a, 68 Abs. 1 S. 1; WEG § 48 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Beschluss vom 24.11.2008)

 

Nachgehend

Saarländisches OLG (Beschluss vom 14.07.2009; Aktenzeichen 5 W 109/09-42)

 

Tenor

1. In Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Saarbrücken vom 24.11.2008 wird der Streitwert festgesetzt auf 2.431,10 Euro.

2. Die Beschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.

3. Die weitere Beschwerde zum Saarländischen Oberlandesgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

A

Der Kläger hat durch Schriftsatz seines früheren Prozessbevollmächtigten vom 10.04.2008 Anfechtungsklage gegen die übrigen Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage … eingelegt und in der Klageschrift folgenden Klageantrag angekündigt:

Den Tagungsordnungspunkt 3 der Eigentümerversammlung vom 12.03.2008, wonach die vorgelegten Einzel- und Gesamtabrechnungen vom 26.02.2008 bezüglich der Abrechnung 2007 genehmigt werden, für ungültig zu erklären.

Zur Begründung der Klage hat der Kläger ausgeführt, die Nebenkostenabrechnung 2007 sei bezüglich Heizung/Wasser/Abwasser nicht akzeptabel, da der Wasserverbrauch des Klägers auf 110,6 Kubikmeter geschätzt worden sei.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und ausgeführt, bei genauer Betrachtung des Inhalts der Klageschrift gehe es dem Kläger um eine angeblich fehlerhafte Festlegung der Verbrauchswerte seines Kaltwasserzählers im Bad.

Ausweislich der der Klageerwiderungsschrift beigefügten Nutzerabrechnung zum Wirtschaftsplan 2007 mache die streitgegenständliche Kaltwasserposition des Klägers einen Betrag von 486, 22 Euro aus gegenüber einem Gesamtabrechnungsvolumen von 123.904,65 Euro insgesamt. Bei derart geringfügigen Kostenanteilen sei die Anfechtung von Jahresabrechnungen auf die angegriffene Abrechnungsposition zu beschränken.

Die Klage sei daher, soweit sie sich auch gegen die Beschlussfassung über die Gesamtjahresabrechnung richte, bereits deshalb abzuweisen.

Der Kläger hat darauf durch Schriftsatz seines früheren Prozessbevollmächtigten vom 11.08.2008 entgegnet, logischerweise habe eine Fehlerhaftigkeit der Einzelabrechnung auch die Unrichtigkeit der Gesamtabrechnung zur Folge.

In dem Verhandlungstermin vom 13.11.2008 haben die Parteien auf Vorschlag des Amtsgerichts einen Vergleich geschlossen und sich darüber geeinigt, dass die Position in der Einzelabrechnung 2007 „Heizung, Wasser und Abwasser” für den Kläger auf eine Wasserverbrauchsmenge von 42,83 Kubikmeter geschätzt werde. Der Restwasserverbrauch von 67,77 Kubikmetern werde von der gesamten Eigentümergemeinschaft nach Miteigentumsanteilen getragen.

Die Beklagten haben beantragt,

den Streitwert auf 15.931,60 Euro festzusetzen.

Der frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers hat durch Schriftsatz vom 27.11.2208 erklärt, gegen die beantragte Streitwertfestsetzung bestünden keine Bedenken.

Das Amtsgericht hat den Streitwert durch den angefochtenen Beschluss vom 24.11.2008 festgesetzt auf 12.390,40 Euro.

Es hat ausgeführt, der Streitwert ermittle sich, ausgehend von 20 % des Abrechnungsvolumens mit der Hälfte dieses Betrages (10 % von 123.904,64 Euro), höchstens jedoch 5 mal das Abrechnungsvolumen der Einzelabrechnung des Klägers (5 × 3.186,32 Euro).

Dagegen hat der Kläger durch Schriftsatz seines neuen Prozessbevollmächtigten vom 29.12.2008 Streitwertbeschwerde mit dem Antrag eingelegt,

den Streitwert auf 526,68 Euro festzusetzen.

Er führt aus, er habe sich lediglich gegen die Berechnung des Wasserverbrauchs zur Wehr gesetzt, welcher sich ausweislich der Hausnebenkostenabrechnung für das Abrechnungsjahr 2007 auf 526,68 Euro belaufen habe.

Die Beklagten beantragen,

die Streitwertbeschwerde zurückzuweisen.

Sie machen geltend, der Klageantrag umfasse nicht nur eine Einzelposition aus der Einzeljahresabrechnung des Klägers, sondern die Abrechnung für das Jahr 2007 in ihrer Gesamtheit.

Das Amtsgericht hat der Streitwertbeschwerde nicht abgeholfen und ausgeführt, der Kläger habe mit seinem Antrag ohne Einschränkung die Aufhebung der Beschlussfassung über die Annahme der Gesamtjahresabrechnung und der Einzelabrechnungen verfolgt. Eine Reduzierung des Streitwertes habe deshalb nicht zu erfolgen.

 

Entscheidungsgründe

B.

Die gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 GKG zulässige Streitwertbeschwerde des Klägers ist teilweise begründet, im Übrigen war sie als unbegründet zurückzuweisen.

I.

Die Streitwertbeschwerde ist nicht deswegen unzulässig, weil die Prozessbevollmächtigten der Parteien vor der Streitwertfestsetzung durch das Amtsgericht die Festsetzung eines sogar höheren Strei...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge