Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenz einer GbR. Unterbrechung gem. § 240 ZPO. prozessuale Kostentragungspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sind auch Gerichtsverfahren unterbrochen, die die persönliche Haftung eines Gesellschafters betreffen.

2. Ein dennoch gegen die Gesellschafter ergangenes Versäumnisurteil ist nicht nichtig, es ist lediglich anfechtbar.

3. In dem anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren gegen die Gesellschafter ist die in § 240 ZPO angeordnete Unterbrechung zu beachten.

4. Die prozessuale Kostentragungspflicht ist lediglich eine notwendige Folge einer akzessorischen Gesellschafterhaftung. Sie unterfällt dem Regelungsbereich des § 93 InsO. Während der Dauer des Insolvenzverfahrens kann die Klägerin deshalb ihren Kostenerstattungsanspruch – der als Nebenforderung gegenüber der in der Hauptsache geltend gemachten Werklohnforderung zu bewerten ist – nicht gerichtlich geltend machen.

 

Normenkette

HGB §§ 128, 130; ZPO §§ 91, 240, 568 S. 2 Nr. 2, § 574; InsO § 93

 

Verfahrensgang

AG Lebach (Beschluss vom 05.02.2010; Aktenzeichen 3 A C 656/09)

 

Tenor

1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Lebach vom 05.02.2010 (Az.: 3 A C 656/09) wird – soweit er sich gegen den Beklagten zu 2) richtet – aufgehoben.

Der gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 552,80 Euro.

 

Tatbestand

A.

Die Klägerin hat die Beklagten bei dem Amtsgericht Saarlouis mit dem Antrag verklagt, an sie als Gesamtschuldner 2.416,38 Euro nebst Zinsen zu zahlen.

Nachdem mitgeteilt worden ist, dass durch Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom 26.05.2009 (Az.: 61 IN 12/09) über das Vermögen der Beklagten zu 1) das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, hat das Amtsgericht Saarlouis durch Beschluss vom 27.10.2009 das Verfahren gegen die Beklagte zu 1) abgetrennt, sich hinsichtlich des Verfahrens gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit insoweit an das örtlich zuständige Amtsgericht Lebach verwiesen.

Das Amtsgericht Lebach hat durch Versäumnisurteil vom 18.11.2009 (Az.: 3 A C 656/09) die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, in Gesamtschuld neben der … an die Klägerin 2.416,38 Euro nebst Zinsen zu zahlen und es hat den Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Auf den Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht – Rechtspflegerin – durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 05.02.2010 die nach dem Urteil des Amtsgerichts Lebach vom 18.11.2009 von den Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten festgesetzt auf 552,80 Euro nebst Zinsen.

Gegen diesen am 08.02.2010 zugestellten Beschluss hat der anwaltlich vertretene Beklagte zu 2) am 16.02.2010 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er geltend macht, es fehle für die Festsetzung der Kosten an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, da über das Vermögen der … seit dem 26.05.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet sei und während des laufenden Insolvenzverfahrens der GbR die persönliche Haftung der Gesellschafter nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden dürfe.

Die Klägerin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die Haftung des Beschwerdeführers ergebe sich aus § 91 ZPO. Sie sei nicht als akzessorische Haftung des Gesellschafters für Schulden der Gesellschaft anzusehen.

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie der erkennenden Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

B.

I.

Der Einzelrichter überträgt das Verfahren auf die Kammer, da die Problematik der Anwendbarkeit des § 93 InsO eine besondere Bedeutung hat (§ 568 S. 2 Nr. 2 ZPO), die auch die Zulassung der weiteren Beschwerde (§ 574 ZPO) rechtfertigt (vgl. dazu III. 4.).

II.

Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RpflG, 104 Abs. 3 S. 1, 567 ff ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist auch begründet, so dass der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss – soweit er gegen den Beschwerdeführer gerichtet ist – aufzuheben und der Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin insoweit zurückzuweisen war.

III.

1. Nachdem das Amtsgericht Saarbrücken durch Beschluss vom 26.05.2009 über das Vermögen der … das Insolvenzverfahren eröffnet hatte, war das von der Klägerin anhängig gemachte Klageverfahren sowohl gegen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als auch gegen die beiden Gesellschafter gemäß § 240 ZPO unterbrochen. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts sind auch Prozesse unterbrochen, die die persönliche Haftung eines Gesellschafters betreffen (vgl. BGH ZinsO 2009, 101 – 112, juris, Rdnr. 6; OLG Koblenz ZinsO 2010, 398 – 399). Die Erstreckung der Unterbrechungswirkung auf die gegen die Gesellschafter gerichtete Klage ergibt sich aus dem Zweck des § 93 InsO, während der Insolvenz der Gesellschaft im Inter...

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