Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Frist für Entscheidung über Asylantrag
Leitsatz (amtlich)
Die dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch § 14 Abs. 3 S. 3 AsylVfG vorgegebene 4-wöchige Frist für die Entscheidung über den Asylantrag beginnt in den Fällen, in denen ein Wiederaufnahmeersuchen an einen Drittstaat gemäß der EG-Verordnung Nr. 343/203 vom 18. Februar 2003 (Dublin II) gerichtet worden ist, nicht bereits mit der Stellung des Asylantrages, sondern erst mit der endgültigen Klärung der internationalen Entscheidungszuständigkeit.
Normenkette
AsylVfG § 14 Abs. 3 S. 3
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Prozesskostenhilfeantrag des Betroffenen wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Dolmetschers, der für das Mandantengespräch des Betroffenen mit seinem Prozessbevollmächtigten in der … am 17.06.2009 hinzugezogen worden war, sind von der Staatskasse zu tragen.
Tatbestand
A
Der Betroffene, der indischer Staatsangehöriger ist, wurde am 4. Juni 2009 zusammen mit 6 weiteren aus Indien stammenden Personen auf der Autobahn in der Nähe von … in dem Frachtraum eines Lkw mit tschechischem Kennzeichen vorgefunden.
Der Betroffene konnte weder einen Pass noch ein Visum vorlegen.
Er hat vorgetragen, er sei vor rund 5 Monaten von Indien aus nach Italien geflogen, dort etwa zwei Wochen geblieben und anschließend nach Belgien weitergereist. Das Ziel seiner Reise sei England gewesen. Er habe sich der Hilfe eines Schleppers bedient, der ihn in Belgien in den falschen Lkw gesetzt habe, so dass er nicht – wie geplant – in England, sondern in Deutschland angekommen sei. Seinen Pass, in dem sich auch ein Visum für die Einreise für Italien befunden habe, sei ihm in Italien gestohlen worden.
Die Zentrale Ausländerbehörde des Saarlandes hat durch Schreiben vom 05.06.2009 die Verhängung von Abschiebungshaft gegen den Betroffenen beantragt. Bei seiner persönlichen Anhörung am 05.06.2009 beim Amtsgericht Saarbrücken hat der Betroffene erklärt, er wolle einen Asylantrag stellen.
Am 08.06.2009 hat der Betroffene beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Asyl beantragt.
Das Bundesamt hat am 13.06.2009 Belgien um die Wiederaufnahme des Betroffenen ersucht. Dieses Ersuchen hat Belgien am 03.07.2009 zurückgewiesen.
Am 15.07.2009 hat das Bundesamt Großbritannien / Nordirland um die Wiederaufnahme des Betroffenen ersucht. Dieses Ersuchen ist am 30.07.2009 zurückgewiesen worden.
Durch Bescheid vom 12.08.2009, dem Prozessbevollmächtigten des Betroffenen am 19.08.2009 zugestellt, hat das Bundesamt den Asylantrag des Betroffenen als offensichtlich unbegründet abgelehnt und den Betroffenen aufgefordert, Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen und ihm die Abschiebung nach Indien angedroht.
Das Amtsgericht Saarbrücken hat auf den Antrag der Ausländerbehörde durch Beschluss vom 05.06.2009 angeordnet, den Betroffenen bis zum 04.09.2009 in Abschiebungshaft zu nehmen und es hat die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung angeordnet.
Das Amtsgericht hat ausgeführt, der Betroffene sei ohne Reisepass und ohne Aufenthaltstitel und somit unerlaubt nach Deutschland eingereist, sodass ein Abschiebehaftgrund nach § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AufenthG bestehe.
Außerdem sei der Betroffene ohne festen Wohnsitz und er habe keinerlei Bezugspunkte im Saarland. Es bestehe deshalb der begründete Verdacht, dass er ohne die Anordnung von Abschiebehaft untertauchen würde. Daher liege auch der Abschiebehaftgrund des § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 AufenthG vor.
Gegen diesen Beschluss hat der anwaltlich vertretene Betroffene am 18.06.2009 sofortige Beschwerde eingelegt und Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt.
Er macht geltend, man hätte ihn aufgrund seines bei seiner Anhörung beim Amtsgericht Saarbrücken am 05.06.2009 gestellten Asylgesuches unverzüglich freilassen müssen, um ihm die Möglichkeit zu geben, den Asylantrag persönlich beim Bundesamt zu stellen.
Der Haftgrund des § 62 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AufenthG sei durch den Asylantrag des Betroffenen entfallen.
Der Haftgrund des § 62 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG liege nicht vor, da der Betroffene keinen Aufenthalt in Deutschland vorgesehen habe. Es sei nicht von ihm zu vertreten, dass der Lkw nach Deutschland gefahren sei.
Im Übrigen sei die beabsichtigte Abschiebung nach Indien nicht innerhalb von drei Monaten möglich, da er über keine Personaldokumente verfüge.
Zudem sei der Betroffene im Hinblick auf § 14 Abs. 3 S. 3 AsylVfG unverzüglich aus der Haft zu entlassen.
Die antragstellende Behörde beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, die in § 14 Abs. 3 S. 3 AsylVfG geregelte 4-Wochen-Frist beginne mit der Ablehnung der Wiederaufnahme durch den ersuchten Staat neu zu laufen.
Die erkennende Kammer hat den Betroffenen am 17.07.2009 persönlich angehört und zur Klärung des Sachverhalts die Ausländerakten beigezogen.
Entscheidungsgründe
B
I.
Die sofortige Beschwerde des Betroffenen ist gemäß §§ 106 Abs. 2 AufenthG, 7 Abs....