Verfahrensgang

AG Saarbrücken (Urteil vom 01.08.2019; Aktenzeichen 36 C 458/18 (12))

 

Tenor

1. Das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 01.08.2019 – Az.: 36 C 458/18 (12) – wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin.

3. Dieses Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien bilden die Miteigentümergemeinschaft des Anwesens … in …. Die Beklagten bewohnen die unmittelbar unter der Wohnung der Klägerin belegene Wohnung.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten Unterlassungsklage erhoben mit der Begründung, die Beklagten hörten Musik in ihrer Wohnung häufig in einer Lautstärke, die sie in ihrer eigenen Wohnung beeinträchtige und über die zulässigen Richtwerte hinausgehe. Deshalb habe sie auch die Polizei zu Hilfe gerufen.

Sie hat erstinstanzlich beantragt,

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, es zu unterlassen, durch eine Geräuschentwicklung von über 35 dB bzw. 25 dB (A) in der Zeit von 22:00 Uhr bis 7:00 Uhr werktags, bzw. an Sonn- und Feiertagen durch Abspielen von Musik zu stören;

2.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 334,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3.

den Beklagten anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt wird.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben die Vorwürfe in Abrede gestellt und die Meinung vertreten, es handele sich um eine nachbarrechtliche Auseinandersetzung. Mangels vorangegangenen Schlichtungsverfahrens sei deshalb die Klage bereits unzulässig.

Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein erfolgloses Schlichtungsverfahren gemäß § 15 a EGZPO in Verbindung mit § 37 a Abs. 1 AGJusG sei nicht Zulässigkeitsvoraussetzung für die Klage. Das WEG sehe anders als im Nachbarrecht eine weitgehende Konkretisierung und Bestimmung der rechtlichen Regelungen im Verhältnis der Sondereigentümer untereinander vor. Diese besonderen Regelungen, die durch die gehaltenen Miteigentumsanteile am Gemeinschaftseigentum eine besondere Nähe aufwiesen und sich in Konkretisierung gegenseitiger Rücksichtnahme zeigten, stellten ein besonderes, in sich geschlossenes Regelungssystem dar. Gerade durch die Teilhabe an der Verwaltung und Pflege des gemeinschaftlichen Eigentums sei eine besondere tatsächliche und rechtliche Verpflichtung der Miteigentümer begründet, die durch das WEG, Teilungserklärungen und Vereinbarungen der Miteigentümer weitgehende Regelungen erführen. Es erscheine deshalb zu weitgehend, eine Anwendung der Ausnahmevorschriften, die einen erfolglosen Schlichtungsversuch vor der Eröffnung des Rechtsweges anordneten, zuzulassen. Die Klage sei auch begründet, weil die Beweisaufnahme ergeben habe, dass die Klägerin durch zu laute Musik der Beklagten über Gebühr beeinträchtigt werde.

Gegen dieses, der Beklagtenvertreterin am 18.08.2019 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.08.2019, am gleichen Tag bei Gericht eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 11.10.2019, am gleichen Tage bei Gericht eingegangen, begründet. Sie vertreten nach wie vor die Auffassung, die Klage sei wegen Nichtdurchführung eines Schlichtungsverfahrens unzulässig. Im Übrigen sei eine Lärmmessung nicht durchgeführt worden. Es stehe somit überhaupt nicht fest, ob es Geräuschentwicklungen über 35 dB tagsüber bzw. 25 dB (A) in der Nacht zwischen 22:00 Uhr und 7:00 Uhr, gemessen in der Wohnung der Klägerin, gegeben habe.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Saarbrücken vom 01.08.2019, Aktenzeichen 36 C 458/18 (12), die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, bringt vor, die Parteien seien keine Grundstückseigentümer, eine analoge Anwendung der Vorschriften über das Schlichtungsverfahren sei nicht geboten. Sie habe auch nicht nur grundlos die Lärmbelästigung behauptet. Vielmehr habe der Polizeieinsatz vom 01.08.2018 die Störung bestätigt. Sie hätte auch selbst Lärmmessungen vorgenommen. Die Werte seien oberhalb von 50 dB im Schlafzimmer gewesen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

 

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