Nachgehend
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, zu wessen Gunsten in den zwischen dem Erblasser … und der Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherungsverträgen Bezugsrechte bestanden bzw. bestehen sowie wann, an wen und in welcher Höhe aufgrund dieser Bezugsrechte Zahlungen geleistet wurden.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, wann und in welcher Form Bezugsrechte zu den einzelnen Lebensversicherungen eingeräumt wurden. Dabei ist insbesondere darüber Auskunft zu erteilen, ob die Bezugsrechte widerruflich oder unwiderruflich ausgestalten waren.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,– EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.
5. Der Streitwert wird auf 10.000,– EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der verstorbene Herr … unterhielt bei der Beklagten drei Lebensversicherungen (siehe das Schreiben der Beklagten vom 9. April 2008, Bl. 56 f. d.A.). Die Ansprüche aus dem Vertrag Nr. 4954238 trat er an seine ehemalige Ehefrau ab. Über seinen Nachlass wurde zunächst die Nachlassverwaltung angeordnet und in der Folge das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der Kläger bestimmt. Die Erben sind unbekannt.
Der Kläger forderte die Beklagte zur Auskunftserteilung über Bezugsrechte zu den Lebensversicherungen und darauf geleistete Zahlungen auf. Mit Schreiben vom 3. Juni 2008 (Bl. 10 ff. d.A.) lehnte die Beklagte die Erteilung der begehrten Auskünfte ab.
Mit der Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Auskunftserteilung in Anspruch. Er macht geltend, als Nachlassinsolvenzverwalter für die Erben deren vertragliche Auskunftsansprüche gegen die Beklagte verfolgen zu können.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass Verträge, in die die Erben hätten eintreten können, durch den Tod des Versicherungsnehmers beendet worden seien; hinsichtlich der abgetretenen Versicherung hätten die vertraglichen Ansprüche ohnehin schon vor dem Tod nicht mehr dem Versicherungsnehmer zugestanden. Auch der allgemeine Auskunftsanspruch aus § 242 BGB stehe dem Kläger gegen sie nicht zu, er müsse sich an die Erben halten. Im übrigen sei ihr die Auskunft nach dem BDSG und nach § 203 StGB verwehrt.
Im übrigen wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig und begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB, § 3 VVG zu.
1. Das deutsche Recht kennt keine allgemeine Auskunftspflicht; niemand ist rechtlich verpflichtet, bestimmte Tatsachen einem anderen schon deshalb zu offenbaren, weil dieser an der Kenntnis ein rechtliches Interesse hat. Andererseits ist anerkannt, dass ein Auskunftsanspruch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) besteht, wenn zwischen den Beteiligten besondere rechtliche Beziehungen vertraglicher oder außervertraglicher Art bestehen, die es mit sich bringen, dass der Auskunftsbegehrende entschuldbar über das Bestehen und den Umfang seiner Rechte im Unklaren und deshalb auf die Auskunft des Verpflichtenden angewiesen ist, während dieser die Auskunft unschwer erteilen kann und dadurch nicht unbillig belastet wird (vgl. etwa BGH, Urteil vom 7. Mai 2003, XII ZR 229/00, NJW 2003, 3624, unter 2. b m. Nachw.). Die Auskunftspflicht bestimmt sich mithin unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nach den Umständen des Einzelfalls; das gilt auch für ihren Inhalt und Umfang (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1985, III ZR 144/84, NJW 1985, 2699, unter II. 2.). Maßgebliche Bedeutung hat dabei die Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten. Ist die vom Auskunftsbegehrenden geltend gemachte Rechtsbeziehung außervertraglicher Art, so sind an den Anspruch eher strenge Anforderungen zu stellen. So setzt namentlich die Auskunftspflicht des Anfechtungsgegners gegenüber dem Insolvenzverwalter voraus, dass der Anfechtungsanspruch gerade hinsichtlich der begehrten Auskünfte feststeht (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1987, IX ZR 4/86, NJW 1987, 1812); andernfalls ist der Insolvenzverwalter auf die Auskünfte des Schuldners zu verweisen, und zwar selbst dann, wenn dieser für ihn nicht erreichbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 1979, VIII ZR 255/78, BGHZ 74, 379 = NJW 1979, 1832, unter II. 2. b). Demgegenüber ist es im Rahmen vertraglicher oder nachvertraglicher Beziehungen nicht erforderlich, dass die Auskunft einen bereits feststehenden Anspruch vorbereitet; es reicht vielmehr aus, dass ein solcher Anspruch ernsthaft in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2002, VIII ZR 64/01, NJW 2002, 3771, unter II. 1.; BGH, Urteil vom 19. Februar 1982, V ZR 234/81, NJW 1982, 1807, unter II. 2.). Auch die übrigen Voraussetzungen ...