Entscheidungsstichwort (Thema)
Trinkwasserversorgung aufgrund privatrechtlichen Vertrages. Überprüfbarkeit der Preisansätze
Leitsatz (amtlich)
1. Nach der so genannten Zwei-Stufen-Theorie kann das "Ob" der Leistungsgewährung in öffentlich-rechtlicher Form erfolgen, das "Wie" in privatrechtlicher Organisations- und Handlungsform.
2. Die Preisansätze des öffentlichen Wasserversorgers sind im Zivilverfahren auf ihre Billigkeit überprüfbar. Hierbei sind auch öffentlich-rechtliche Vorgaben einzubeziehen (z.B. der Kostendeckungsgrundsatz).
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts ... vom 24. Juli 2001 (Geschäftszeichen ...) abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites hat der Kläger zu tragen.
und beschlossen:
Der Streitgegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 1.119,98 Euro (2.190,49 DM) festgesetzt.
Tatbestand
Von der Darstellung eines
Tatbestandes
wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO in der gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO fortgeltenden Fassung abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts ... vom 24. Juli 2001 ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 511 a, 516, 518, 519 ZPO in der gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO fortgeltenden Fassung). Gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO finden auf das Berufungsverfahren der Beklagten die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften weiterhin Anwendung, weil die mündliche Verhandlung, auf die das angefochtene Urteil in erster Instanz ergangen ist, vor dem 1. Januar 2002 geschlossen worden ist.
Der Berufung der Beklagten ist auch in der Sache ein Erfolg beschieden; das Rechtsmittel führt zu der beantragten Abänderung der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung.
I.
Die Klage ist zulässig.
Für den geltend gemachten Anspruch des Klägers ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nach § 13 GVG eröffnet. Das Amtsgericht ... hat in der angefochtenen Entscheidung insoweit zutreffend ausgeführt, dass es sich hier um eine bürgerlichrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 13 GVG handelt.
Ob eine Streitigkeit dem bürgerlichen Recht oder dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, bestimmt sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung fehlt, nach der wahren Rechtsnatur des dem Klageanspruch zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses.
Der Klageanspruch beurteilt sich hier in Ansehung der verlangten Abschlagszahlungen im Hinblick auf die Trinkwasserversorgung unmittelbar nach dem Privatrecht.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es im Ermessen der öffentlichen Hand steht, die Trinkwasserversorgung als Maßnahme der Daseinsvorsorge entweder mit den Gestaltungsmitteln des öffentlichen Rechts oder in den Formen des Privatrechts zu betreiben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Leistungsgewährung - wie auch hier - mit einem öffentlich-rechtlichen Anschluss- und Benutzungszwang verbunden ist (vgl. BGH NJW 1992, 171/172; OLG Naumburg, Urteil vom 7. September 1999, Geschäftszeichen 9 U 268/98). Der Kläger hat das Versorgungsverhältnis zu den Anschlussnehmern hier privatrechtlichen Regelungen unterstellt. Gemäß § 8 der Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser vom 10. März 1993 (Wasserversorgungssatzung des Wasserverbandes) ist das Verhältnis zwischen den Benutzern der Wasserversorgungsanlage und dem Kläger durch einen privatrechtlichen Vertrag zu regeln, dessen Ausgestaltung sich nach den jeweiligen Versorgungsbedingungen des TAHV nebst Anlagen richtet. Aus dieser privatrechtlichen Rechtsgrundlage leitet der Kläger seinen Entgeltanspruch in Ansehung der Abschlagszahlungen auf die Trinkwasserkosten ab.
Die von dem Amtsgericht zutreffend bejahte Rechtswegzuständigkeit steht aber auch letztlich nicht mehr zur Überprüfung der Kammer (§ 17 a Abs. 5 GVG). Denn gemäß § 17 a Abs. 5 GVG prüft das Rechtsmittelgericht nicht mehr, ob der durch das Gericht erster Instanz bejahte Rechtsweg zulässig ist.
Auch im Übrigen begegnet die Zulässigkeit der Klage keinen Bedenken.
II.
Die zulässige Klage ist hier indessen nicht begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte nach Änderung der Tarifbestimmungen ein Anspruch auf Zahlung des Erhöhungsbetrages, namentlich auf Zahlung der Differenz zwischen dem neu ermittelten Abschlagsbetrag und der ursprünglichen monatlichen Abschlagszahlung, für den hier streitbefangenen Zeitraum Juli bis September 2000 aus dem Versorgungsvertrag der Parteien betreffend der Trinkwasserzufuhr nach § 433 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 2, 25 AVB Wasser V und § 8 der Wasserversorgungsatzung auf der Grundlage der neuen Entgeltregelung des Trink- und Abwasserzweckverbandes ... (TAHV) nicht zu.
Ein Anspruch auf Zahlung eines invariablen Grundpreises ist zwar in billiger und angemessener Höhe dem Grunde nach aus dem Vorsorgungsvertrag der Parteien in Verbindung mit § 25 AVB-WasserV entstanden.
1.
Zwischen den Parteien ist ein privatrechtlich zu beurteilender Wasserversorgungsvertrag auf der Grundlage der §§ 2 ff...