Leitsatz (amtlich)
Die kostenlose Abgabe einer Bonuscard an Stammkunden bei der Absatzwerbung für Heilmittel verstößt nicht gegen das UWG, wenn andere Kunden für die Bonuscard lediglich € 5,00 zu zahlen haben.
Nachgehend
Tenor
1.
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Werbeflyern mit Aussagen wie
"Kostenlose Zweitbrille* dazu!
*Kostenlose Zweitbrille mit Kunststoffgläsern +/- 6 dpt, cyl. 2 dpt, Fassung aus der In Collection."
zu werben.
2.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziffer 1 die Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je € 200,00 einen Tag Ordnungshaft oder sogleich Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, jeweils zu vollziehen am Vorstand der Beklagten, angedroht.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 208,65 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.02.2011 zu zahlen.
4.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
6.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages leistet.
Streitwert: € 40.200,00
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch sowie einen Zahlungsanspruch wegen Abmahnkosten unter anderem wegen behaupteter Verstöße gegen das Zuwendungsverbot gemäß § 7 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) geltend.
Der Kläger ist ein Verband zur Förderung der gewerblichen Interessen, der seit langem unlautere Wettbewerbshandlungen verfolgt und dem unter anderem sämtliche Industrie- und Handelskammern in Deutschland angehören. Die Beklagte betreibt ein Optikerunternehmen mit ca. 50 Filialen in Süddeutschland.
Die Beklagte führte im Herbst 2010 eine Werbeaktion durch. In einem Flyer (Anlage K 2) bot sie ihren Kunden eine "BONUSKARTE" an, mit deren Erhalt die Kunden zugleich ein Brillenglas geschenkt bekamen und die die Kunden zur Inanspruchnahme umfangreicher Vorteile berechtigte. Dabei handelt es sich um folgende Leistungen:
- 3 % Rabatt auf die Produkte der Beklagten
- spezielle Sonderangebote nur für Inhaber der BONUSKARTE
- sog. "Binder-Brillenschutz" (einjähriger Schutz vor Beschädigung und Verlust einer Brille ab Kauf der Brille)
- Erweiterung der gesetzlichen Garantie auf drei Jahre
- Geburtstagsrabattgutschein in Höhe von € 10,00
- Einladung zu Stammkundenveranstaltungen
Dies Karte konnte von den Kunden der Beklagten zum Preis von € 5,00 erworben werden. Den Stammkunden der Beklagten wurde dagegen in einer bis 31.12.2010 befristeten Aktion der kostenlose Erwerb der Karte im Rahmen einer personalisierten Werbeaussendung angeboten.
Der Kläger hat die Beklagte mit Schreiben vom 04.11.2010 (Anlage K 3) abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis 11.11.2010 aufgefordert. Mit Schreiben vom 12.11.2010 (Anlage K 4) hat die Klägerin die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt.
Ebenfalls im Herbst 2010 verteilte die Beklagte an Verbraucher einen Flyer (Anlage K 5), mit dem sie unter anderem für ihre "Premium-Gläser" warb. Zusätzlich zu den Brillengläsern bot die Beklagte eine kostenlose Zweitbrille an. Der Inhalt des Flyers hat unter anderem folgenden Wortlaut:
"Neben bestem Premium-Sehen ist jetzt beim Kauf einer Brille mit unseren Premium-Gläsern im Paket eine individuell gefertigte Zweitbrille im Wert von € 89,00 inklusive Superentspiegelung schon mit drin."
Außerdem findet sich in dem Flyer folgender Hinweis:
"Kostenlose Zweitbrille* dazu!
*Kostenlose Zweitbrille mit Kunststoffgläsern +/- 6 dpt, cyl. 2 dpt, Fassung aus der In Collection."
Der Kläger hat die Beklagte mit Schreiben vom 01.10.2010 (Anlage K 6) abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis 08.10.2010 aufgefordert. Mit Schreiben vom 08.10.2010 (Anlage K 7) hat die Klägerin die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt.
Der Kläger trägt vor, die kostenlose Abgabe der Bonuskarte an Stammkunden verstoße gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 7 Abs. 1 HWG, weil es sich um eine geldwerte Vergünstigung handele. Dies zeige sich bereits daran, dass der Erwerber einer solchen Bonus-Karte, der nicht Stammkunde sei, für den Erwerb der Karte € 5,00 bezahlen müsse.
Der mit der Karte erzielbare Barzahlungsrabatt unterfalle nicht der Ausnahme gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2a HWG, weil er an den Besitz der Bonuskarte geknüpft sei. Dadurch werde der Kunde zum Erwerb der Karte und damit auch zum Kauf bei der Beklagten provoziert. Es liege im Übrigen auch keine - zulässige - geringwertige Kleinigkeit vor, weil der Barzahlung...