Nicht selten weisen Erhaltungsrücklagen erhebliche Mittel auf, die angesichts fehlenden Erhaltungsbedarfs ungenutzt bleiben. Daneben kann im Hinblick auf Liquiditätslücken zusätzlicher finanzieller Bedarf entstehen, der angesichts ihrer strengen Zweckbindung zumindest durch Zugriff auf die Erhaltungsrücklage allenfalls für einen kurzen Zeitraum und auch nur in eng umgrenzter Höhe ausgeglichen werden kann.

[1]

Hat jedenfalls die Erhaltungsrücklage eine Höhe erreicht, die auch unter Berücksichtigung zukünftigen Erhaltungsbedarfs mehr als auskömmlich ist, entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, nicht nur eine Liquiditätsrücklage zu bilden, sondern hierzu auch Mittel der Erhaltungsrücklage entsprechend umzuwidmen.[2]

Dies soll selbst dann gelten, wenn Erhaltungsmaßnahmen anstehen, deren voraussichtliche Kosten den Betrag der vorhandenen Erhaltungsrücklage übersteigen und zu deren Finanzierung ohnehin die vorhandene Erhaltungsrücklage nicht ausreichen würde.[3]

 
Praxis-Beispiel

Musterbeschluss: Teilauflösung der Erhaltungsrücklage zur Bildung einer Liquiditätsrücklage

TOP XX Teilauflösung der Erhaltungsrücklage unter Bildung einer Liquiditätsrücklage

Die Erhaltungsrücklage weist derzeit liquide Mittel in Höhe von 80.457 EUR auf. Größere Erhaltungsmaßnahmen des Gemeinschaftseigentums sind nicht absehbar. Für eine Wohnanlage vergleichbaren Alters, vergleichbarer Größe und Ausstattung ist eine Erhaltungsrücklage in Höhe von 50.000 EUR angemessen.

Vor diesem Hintergrund beschließen die Wohnungseigentümer eine Teilauflösung der Erhaltungsrücklage in Höhe von 30.000 EUR. Der Betrag in Höhe von 30.000 EUR soll als Liquiditätsrücklage, insbesondere zum Ausgleich von Hausgeldausfällen einzelner Wohnungseigentümer, weiter im Gemeinschaftsvermögen bleiben. Der Betrag soll auch weiterhin auf dem zinsbringenden Bankkonto der Erhaltungsrücklage verbleiben.

Der Verwalter ist im Fall von Hausgeldrückständen einzelner Wohnungseigentümer und insoweit zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen des gemeinschaftlichen Girokontos zum Zugriff auf die Liquiditätsrücklage berechtigt. Diese Berechtigung ersetzt allerdings nicht die Verpflichtung des Verwalters, Maßnahmen zur Beitreibung der Hausgeldrückstände zu ergreifen.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: _____

Nein-Stimmen: _____

Enthaltungen: _____

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

________________

Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.

[1] AG Lübeck, Urteil v. 18.3.2022, 35 C 52/21.
[2] AG Lübeck, Urteil v. 18.3.2022, 35 C 52/21, ZMR 2023, 510.

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