Begriff

Eine majorisierende Stimmenmehrheit liegt dann vor, wenn ein einzelner Eigentümer die Mehrheit aller berechtigten Stimmen auf sich vereinigt und dies ausnutzt, um gegen den Willen der Minderheit bestimmte Verwaltungsmaßnahmen in seinem eigenen Interesse durchzusetzen. Jeder Wohnungseigentümer hat gemäß § 25 Abs. 2 WEG eine Stimme, unabhängig davon, wie viele Wohnungen oder Miteigentumsanteile er hat. Unter diesen Umständen kann es zu einer Majorisierung der Stimmen durch den Eigentümer, der die meisten Wohnungen oder Miteigentumsanteile hat, nicht kommen.

Eine Majorisierung der Stimmrechte durch einen Miteigentümer oder eine Minderheit der Miteigentümer ist deshalb nur möglich, wenn die Gemeinschaftsordnung abweichend vom Gesetz ein Stimmrecht nach Miteigentumsanteilen oder nach Einheiten vorsieht. Der Eigentümer, der in einem solchen Fall die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigt, weil er die Mehrheit der Einheiten bzw. der Miteigentumsanteile besitzt, wird als Mehrheitseigentümer bezeichnet.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

AG München, Urteil v. 15.11.2023, 1295 C 16480/22 WEG: Für die Annahme einer Majorisierung muss die Art und Weise der Stimmrechtsausübung die übrigen Wohnungseigentümer so offenkundig und ohne jeden Zweifel in treuwidriger Weise benachteiligen, dass der Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens nicht abgewartet werden kann. Majorisierende Beschlüsse können dabei insbesondere unter dem Blickwinkel der Willkür, des Rechtsmissbrauchs oder einer unbilligen Benachteiligung Einzelner ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen.

BGH, Urteil v. 21.7.2023, V ZR 215/21: Bestellt sich ein Mehrheitseigentümer, der nicht professioneller Verwalter ist, gegen den Willen der Minderheit selbst zum Verwalter, wird dies ordnungsmäßiger Verwaltung in der Regel dann nicht entsprechen, wenn ein professioneller Verwalter zur Verfügung steht. Im Einzelfall ist insbesondere zu prüfen, ob der Mehrheitseigentümer persönlich und fachlich geeignet ist.

LG Itzehoe, Urteil v. 18.5.2018, 11 S 17/17: Grundsätzlich steht es einem Mehrheitseigentümer frei, ob und in welcher Weise er von seinem Stimmrecht Gebrauch macht. Ein Missbrauch des Stimmrechts liegt nicht schon dann vor, wenn der Mehrheitseigentümer mit seinen Stimmen einen Beschluss gegen die Stimmen aller anderen Eigentümer durchsetzt. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, um die Ausübung des Stimmrechts als missbräuchlich ansehen zu können.

BGH, Urteil v. 14.7.2017, V ZR 290/16: Ein Stimmrechtsausschluss wegen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens kommt nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen in Betracht. Es reicht nicht aus, dass der mit den Stimmen eines Mehrheitseigentümers gefasste Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, oder dass ein Wohnungseigentümer aufgrund seines Stimmgewichts Beschlussfassungen blockiert, obwohl es ein Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung wäre, einen positiven Beschluss zu fassen.

AG Pinneberg, Urteil v. 21.3.2017, 60 C 49/16: Ein gegen die erneute Bestellung eines Wohnungseigentümers als Verwalter sprechender wichtiger Grund kann jedenfalls dann in der früheren unberechtigten Verweigerung der Zustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums liegen, wenn er bei geltendem Kopfstimmrecht in einer aus 5 Wohneinheiten bestehenden Gemeinschaft durch Veräußerung von Bruchteilen des Wohnungseigentums an 2 seiner 3 Wohneinheiten eine Stellung als (faktischer) Mehrheitseigentümer herbeiführt.

LG Karlsruhe, Urteil v. 10.5.2016, 11 S 41/15: Bei der Bestellung liegt ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung vor, wenn ein Mehrheitseigentümer mit seinem Stimmengewicht gegen den Willen der übrigen Wohnungseigentümer eine ihm nahestehende Person zum Verwalter bestellt hat.

LG Berlin, Urteil v. 23.9.2014, 55 S 302/12: Allein der Umstand, dass ein Wohnungseigentümer die ihm zustehende Stimmenmehrheit nutzt, um die Bestellung eines bestimmten Verwalters zu erreichen, stellt allein noch keinen Stimmrechtsmissbrauch dar. Eine Majorisierung ist erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn durch die Ausübung des Mehrheitsrechts gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßen wird, wie etwa bei der Verschaffung unangemessener Vorteile oder der Bestellung eines persönlich ungeeigneten oder fachlich unfähigen Verwalters.

AG Hannover, Urteil v. 6.5.2014, 483 C 12045/13: Zwar stellt es für sich keinen wichtigen Grund dar, wenn der Verwalter bisher nur Erfahrungen mit der Verwaltung eigener Immobilien hatte. Unabhängig von etwaiger WEG-Sachkunde der neubestellten Verwalterin bestehen erhebliche Zweifel an der erforderlichen Neutralität aufgrund ihrer engen verwandtschaftlichen Verbindung als Tochter mit der majorisierenden Eigentümerin.

OLG Düsseldorf, Beschluss v. 7.2.1997, 3 Wx 556/94: Setzt ein Mehrheitseigentümer seine Majorität zu gemeinschaftsfremden und eigennützigen Zielen gegen den Willen der übrigen Wohnungseigentümer ein, beinhaltet sein Verhalten einen Rechtsmissbrauch. Bei fristgerechter Anfechtung wir...

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