1 Leitsatz

Der Mieter schuldet vom gemeinschaftlichen Eigentum den Gebrauch, den die Wohnungseigentümer vereinbart oder beschlossen haben. Im Sondereigentum ist der Mieter jedenfalls den verdinglichten Gebrauchsvereinbarungen der Wohnungseigentümer unterworfen.

2 Normenkette

WEG § 13 Abs. 1, § 15; BGB § 1004

3 Sachverhalt

Mieter B des Teileigentümers X gebraucht Räume des gemieteten Teileigentums, bei denen nach der Gemeinschaftsordnung als Gebrauch ein Laden vorgesehen ist, als Eisverkaufsstelle. B bietet dort neben Eis auch Kaffeespezialitäten und Erfrischungsgetränke an. In den Räumlichkeiten und auf der Fläche davor stehen Stühle und Tische. Auf den Tischen liegen Speisekarten aus. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer klagt gegen den Mieter B nach einer Vergemeinschaftung auf Unterlassung dieses Gebrauchs. Zentrale Frage des Rechtsstreits ist, ob der Mieter den Gebrauchsbestimmungen der Wohnungseigentümer unterworfen ist.

4 Entscheidung

Der BGH bejaht die Frage, differenziert aber zwischen dem gemeinschaftlichen Eigentum und dem Sondereigentum. Der Mieter sei im gemeinschaftlichen Eigentum und im Bereich des Sondereigentums sämtlichen verdinglichten Vereinbarungen unterworfen. In Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum sei er ferner auch nicht verdinglichten Vereinbarungen und sogar Beschlüssen unterworfen.

Hinweis

Gegenstand der Entscheidung ist im Kern, ob der Mieter eines Wohnungseigentümers sich an den Gebrauch halten muss, den die Wohnungseigentümer untereinander vereinbart oder beschlossen haben. Was insoweit gilt, ist im Schrifttum hoch streitig – und auch die Gerichte sind sich nicht einig. Der BGH bringt insoweit etwas Licht ins Dunkel, lässt aber auch Fragen offen.

Überblick:

  • Gemeinschaftliches Eigentum. Soweit es um den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums geht, sind jetzt alle Fragen beantwortet. Unausgesprochene Prämisse ist, dass der Mieter das gemeinschaftliche Eigentum mitgebrauchen darf, z. B. das Treppenhaus, Räume, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen, die Außenflächen, aber auch Außenstellplätze, soweit daran keine Sondernutzungsrechte bestehen. Der Mieter darf an allen diesen Flächen und Räumen (nur) den Gebrauch ausüben, den auch der vermietende Wohnungseigentümer daran ausüben darf. Ob (irgend-)eine Vereinbarung den Gebrauch regelt – auch eine, die nicht zum Inhalt des Sondereigentums gemacht worden ist – oder ein Beschluss, ist unerheblich. Als Argument führt der BGH die Überlegung an, der vermietende Wohnungseigentümer könne sein Recht, das gemeinschaftliche Eigentum zu gebrauchen, nur soweit übertragen, wie er selbst zum Gebrauch berechtigt sei.
  • Sondereigentum. Beim Sondereigentum ist die Kuh nur insoweit vom Eis, soweit es um verdinglichte Vereinbarungen geht, also solche, die die Wohnungseigentümer zum Inhalt des Sondereigentums gemacht haben. Was hingegen für die – sehr seltenen – bloß schuldrechtlichen Vereinbarungen gilt, ist offen. Und ferner ist leider ungeklärt, was für die Gebrauchsbeschlüsse gilt. Diese Frage ist allerdings wichtig, da es hier u. a. um die Hausordnung geht, die in aller Regel nur beschlossen ist. Der Verwalter sollte insoweit wissen, dass ein Mieter nach h. M. den Gebrauchsbeschlüssen der Wohnungseigentümer unterworfen ist – auch dann, wenn der Mietvertrag hierzu schweigt.

Aufgepasst: Typisierende Betrachtungsweise

Verstößt ein Verhalten gegen eine Gebrauchsvereinbarung oder einen Gebrauchsbeschluss, ist nach h. M. stets eine "typisierende Betrachtungsweise" anzustellen. Nach dieser ist zu fragen, ob der tatsächliche, eigentlich verbotene Gebrauch dennoch als erlaubt zu behandeln ist. So liegt es, wenn der tatsächliche Gebrauch nicht mehr stört als der vereinbarte.

Im Fall war zu fragen, was insoweit für eine Eisdiele im Verhältnis zu einem Laden gilt. Nach Ansicht des BGH stört ein Gebrauch als Eisdiele jedenfalls mehr als ein Ladengeschäft, wenn Außenflächen in Anspruch genommen werden, sei es durch eine Außenbestuhlung oder durch den Verkauf nach außen. Schon der Verzehr der angebotenen Speisen und Getränke außerhalb einer Eisdiele sei regelmäßig mit Geräuschen verbunden, die bei dem bloßen Erwerb von Waren innerhalb eines Ladengeschäfts nicht entstünden, etwa mit dem Klappern von Geschirr und dem Rücken von Stühlen. Vor allem aber entstehe durch die Kommunikation der Gäste untereinander – die auch dann zu erwarten sei, wenn lediglich ein Verkauf nach außen erfolge, weil dieser zu Stoßzeiten üblicherweise zu Warteschlangen führe, – eine Geräuschkulisse, die bei einem Ladengeschäft, das die Kunden lediglich zum Erwerb von Waren aufsuchten, üblicherweise nicht entstehe. Hinzu komme, dass Eisdielen vor allem bei sommerlichem Wetter und dabei wiederum vornehmlich an den Wochenenden besonders stark frequentiert werden würden, d. h. zu Zeiten, zu denen typischerweise auch die Wohnungseigentümer zuhause seien und sich auf Balkonen aufhielten bzw. ihre Fenster geöffnet hätten, sodass die von den Gästen der Eisdiele erzeugte Geräuschkulisse für die Wohnungseigentümer verstärkt wahrnehmbar sei.

Muster: Ver...

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