3.1 Unerhebliche Minderung der Tauglichkeit

Ist die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsmäßigen Gebrauch durch den Mangel nur unerheblich gemindert, so ist die Minderungsbefugnis ausgeschlossen.[1] Als unerheblich ist ein Mangel insbesondere dann anzusehen, wenn er leicht erkennbar ist und schnell und mit geringen Kosten beseitigt werden kann, sodass die Geltendmachung einer Minderung gegen Treu und Glauben verstieße.[2]

 
Praxis-Beispiel

Unerhebliche Mängel

  • Unbenutzbarkeit eines Balkons im Winter
  • Ausfall der Heizung im Sommer
  • abgetretene Türschwellen
  • defekte Steckdose
  • einmalige Lärmbelästigung durch einen Nachbarn
  • kurzzeitige Neubaufeuchtigkeit
 
Achtung

Höherer Maßstab bei Komfortwohnung

Zu beachten ist, dass der Mieter einer teuren Komfortwohnung höhere Ansprüche an deren Beschaffenheit stellen darf, als dies bei durchschnittlichen Wohnungen üblich ist.[3] Deshalb können hier schon kleinere Mängel ohne konkrete Gebrauchsbeeinträchtigung eine Minderung rechtfertigen.

[2] BGH, WuM 2004 S. 531 = NZM 2004 S. 776 betr. einen sehr kurzen Heizungsausfall oder bei vorübergehend geringfügiger (1° C) Unterschreitung der erforderlichen Heizleistung; OLG Düsseldorf, Urteil v. 16.3.1989, 10 U 154/88, MDR 1989 S. 640 betr. Mängel in zahnärztlicher Praxis ohne Auswirkungen auf den Praxisbetrieb; AG Kassel, WuM 1989 S. 171: defektes Tor einer Sammelgarage; AG Dortmund, WuM 1989 S. 172: Verkleinerung des Badewannenvolumens durch den Einbau einer neuen Wanne; AG Steinfurt, WuM 1996 S. 268: geringfügiger Luftdurchgang an den Fenstern eines Altbaus; AG Pinneberg, WuM 1980 S. 63: fehlende Beleuchtung im Keller des Mieters; LG Berlin, WuM 1988 S. 301: Haarrisse an der Zimmerdecke einer Altbauwohnung; AG Rheine, WuM 2013 S. 375: fehlende Fußbodenleisten.
[3] AG Münster, WuM 1995 S. 704.

3.2 Mieter kennt Mangel bei Vertragsabschluss

Positive Kenntnis des Mangels

Die Minderungsbefugnis ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn der Mieter den Mangel beim Abschluss des Mietvertrags kennt.[1] Es ist erforderlich, dass der Mieter im Zeitpunkt des Vertragsschlusses positive Kenntnis vom Mangel hat; fahrlässige Unkenntnis genügt nicht. Ebenso reicht es nicht aus, wenn die äußeren Umstände die Annahme eines Mangels als naheliegend erscheinen lassen. Vielmehr muss dem Mieter auch die Tragweite des Mangels bekannt sein.

Grob fahrlässige Unkenntnis des Mieters

Grob fahrlässige Unkenntnis von Mängeln führt nach § 536b Satz 2 BGB ebenfalls zum Verlust der Rechte aus §§ 536, 536a Abs. 1 und 2 BGB, es sei denn, dass der Vermieter den Mangel arglistig verschwiegen hat.

Für zugesicherte Eigenschaften i. S. v. § 536 Abs. 2 BGB gilt der Ausschluss nicht; hierfür muss der Vermieter auch dann einstehen, wenn der Mieter das Fehlen der Eigenschaft ohne Weiteres hätte erkennen können.

Grobe Fahrlässigkeit i. S. v. § 536b BGB ist gegeben, wenn der Mieter die verkehrsübliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße außer Acht lässt.

 
Praxis-Beispiel

Grobe Fahrlässigkeit

Der Mieter übersieht Umstände oder unterlässt Maßnahmen, die jeder andere beachtet oder vorgenommen hätte, um sich selbst vor Schaden zu bewahren.

Verlängerungsvertrag

Diese Grundsätze gelten auch für den Verlängerungsvertrag. Deshalb sind die Gewährleistungsrechte ausgeschlossen, wenn der Mieter nach 5-jähriger Mietzeit einen Verlängerungsvertrag abschließt, obwohl er den Mangel der Mietsache kennt.[2]

Juristische Person als Vertragspartner

Bei der Vermietung an eine juristische Person kommt es für den Verlust der Gewährleistungsrechte nach § 536b BGB darauf an, ob der Geschäftsführer den Mangel kannte.

Bei einem Wechsel des Geschäftsführers ist maßgeblich, wer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder der Übergabe des Mietobjekts Geschäftsführer war.[3]

3.3 Vorbehaltlose Mietzahlung nach Auftritt eines Mangels

Die im Wesentlichen mit § 536b BGB inhaltsgleiche Vorschrift des § 539 BGB a. F. wurde von der obergerichtlichen Rechtsprechung analog angewandt, wenn im Verlauf der Mietzeit ein Mangel auftritt und der Mieter die Miete gleichwohl über längere Zeit rügelos weiterbezahlt hat.[1] In einem solchen Fall gingen die Gewährleistungsrechte für die Vergangenheit und die Zukunft verloren.

Mietrechtsreform (1.9.2001)

Im Zuge der Mietrechtsreform hat der Gesetzgeber das Mietrecht mit Wirkung vom 1.9.2001 neu geordnet.[2] In der Begründung des Gesetzentwurfs zu den neuen Gewährleistungsvorschriften (§§ 536 bis 536c BGB) ist u. a. ausgeführt, dass die rügelose Fortzahlung der Miete trotz mangelhafter Mietsache nicht mehr zum Verlust der Gewährleistungsrechte führen soll; im Ausnahmefall könne die Minderungsbefugnis aber verwirkt sein. In der Folgezeit war in der Rechtsprechung und Literatur streitig, ob die frühere Rechtsprechung zu § 539 BGB a. F. weiterhin anzuwenden ist. Diese Frage hat nunmehr der BGH in dem Urteil vom 16.7.2003[3] abschließend entschieden.[4]

Es gelten folgende Grundsätze:

  1. Das durch die Mie...

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