Die Ausnahmen sind in § 555d Abs. 2 BGB geregelt. Diese Vorschrift lautet:
(2) Eine Duldungspflicht nach Absatz 1 besteht nicht, wenn die Modernisierungsmaßnahme für den Mieter, seine Familie oder einen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen sowohl des Vermieters als auch anderer Mieter in dem Gebäude sowie von Belangen der Energieeinsparung und des Klimaschutzes nicht zu rechtfertigen ist. Die zu erwartende Mieterhöhung sowie die voraussichtlichen künftigen Betriebskosten bleiben bei der Abwägung im Rahmen der Duldungspflicht außer Betracht; sie sind nur nach § 559 Abs. 4 und 5 bei einer Mieterhöhung zu berücksichtigen.
4.6.1 Interessenabwägung
Über die Ausnahmen ist aufgrund einer Interessenabwägung zu entscheiden. Die Duldungspflicht entfällt nur dann, wenn das Interesse des Mieters und seiner Angehörigen am Fortbestand der bisherigen Verhältnisse schwerer wiegt als das Interesse des Vermieters und der übrigen Mieter an der Modernisierung. Die der Modernisierung entgegenstehenden Interessen der anderen Mieter sind nicht zugunsten des Mieters zu berücksichtigen; vielmehr führt dieser Umstand dazu, dass das Modernisierungsinteresse des Vermieters geringer zu bewerten ist, als es bei einem zusätzlich vorliegenden Modernisierungsinteresse der übrigen Mieter zu bewerten wäre.
Interessen der WEG sind bei vermieteter ETW zu berücksichtigen
Befinden sich die Räume des Mieters in einer Wohnungseigentumsanlage, sind bei der Interessenabwägung über den Wortlaut des § 555d Abs. 2 BGB hinaus zugunsten des Vermieters auch die Interessen der übrigen Eigentümer zu berücksichtigen. Dies folgt aus verfassungsrechtlichen Erwägungen.
Öffentliche Interessen spielen bei der Abwägung nur insoweit eine Rolle, als es um die Belange der Energieeinsparung und des Klimaschutzes geht.
4.6.2 Abwägungskriterien
Bei der Interessenabwägung sind zugunsten des Mieters und seiner Angehörigen insbesondere
- die vorzunehmenden Arbeiten,
- die baulichen Folgen und
- die vorausgegangenen Aufwendungen des Mieters
zu berücksichtigen. Weiter spielt eine Rolle
- eine Krankheit oder
- das hohe Alter eines Mieters,
- ein kurz bevorstehender Umzug oder
- eine besondere berufliche oder schulische Belastung, etwa durch ein bevorstehendes Examen.
Härtegründe
Im Einzelnen gilt Folgendes: Die vorzunehmenden Arbeiten sind unter Berücksichtigung der Art, des Umfangs, der Dauer, des Zeitpunkts und der damit verbundenen Belästigungen im Hinblick auf die besonderen persönlichen Verhältnisse des Mieters zu bewerten. Die Modernisierungsmaßnahme muss unter Berücksichtigung der zur Zeit der Durchführung maßgeblichen technischen Normen durchgeführt werden.
Fenstermodernisierung
Schallschutzfenster müssen den aktuellen DIN-Normen entsprechen.
Im Allgemeinen muss der Mieter ein gewisses Maß an Lärm und Schmutz hinnehmen.
Härtegründe
- Steht der Mieter jedoch bereits im hohen Lebensalter oder ist er körperlich behindert, so kann diesem die Modernisierungsmaßnahme wegen der damit verbundenen Belästigung durch Schmutz und Lärm unzumutbar sein.
- Gleiches gilt dann, wenn der Mieter oder dessen Familienangehörige durch die Modernisierungsmaßnahme gesundheitlichen Schaden erleiden würden.
- Für den Mieter von Gewerberäumen kann ein Härtegrund vorliegen, wenn die Modernisierungsarbeiten aufgrund ihres Umfangs und ihrer Dauer zur Folge haben, dass die Mieträume über eine längere Zeit nicht zu benutzen sind und der Mieter deshalb ein existenzbedrohendes wirtschaftliches Risiko in Kauf nehmen müsste.
Für den Wohnungsmieter kommt ein vorübergehender Umzug in ein Hotel nur in Ausnahmefällen in Betracht, so z. B., wenn besonders gewichtige Gründe für die Modernisierung sprechen oder wenn der Mieter durch den vorübergehenden Wohnungswechsel nicht wesentlich in seinen Lebensgewohnheiten beeinträchtigt wird.
Hotelaufenthalt für alleinstehenden Mieter
Dies kann bei einem alleinstehenden Mieter mit geringem Hausrat und vorwiegend außerhäusiger Lebensweise angenommen werden.
Zeitpunkt der Modernisierung
Auch aus dem Zeitpunkt der Durchführung der Bauarbeiten können sich Bedenken gegen die Zumutbarkeit ergeben. Ist das Mietverhältnis bereits gekündigt oder steht die Beendigung des Mietverhältnisses bald bevor, ist es dem Vermieter grundsätzlich zuzumuten, länger dauernde Bauarbeiten erst nach dem Auszug des Mieters in Angriff zu nehmen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Verzögerung organisatorisch möglich ist und dass sich die Baukosten nicht unverhältnismäßig erhöhen.
Bei der Bewertung der baulichen Folgen kommt es insbesondere darauf an, ob durch die Modernisierung der ursprüngliche Vertragsgegenstand wesentlich verändert wird.
Zumutbare geringfügige Modernisierung
Geringfügige Veränderungen wie
- der Einbau neuer Fenster,
- die Installation von Wasser- oder Stromzählern,
- das Verlegen einer Heizungsanlage,
- die geringfügige Verkleinerung des Balkons etc.
muss der Mieter ohne Weiteres hinnehmen.
Unzumutb...