Reine Vollmachtversammlungen bergen ebenfalls das Problem, dass der Meinungsaustausch zu kurz kommt. Denkbar und in den vergangenen Wochen auch häufiger angewandt ist jedoch ein zweistufiges Verfahren: Die Eigentümer werden unter Wahrung der normkonformen Frist zu einer reinen Vollmachtversammlung eingeladen und erhalten ausreichend Informationsmaterial zur Tagesordnung. Elementar sind klar formulierte, ausführliche Beschlussanträge, hilfreiche Zusatzinformationen wie Angebote und Beschreibungen. In der Einladung wird zudem darauf hingewiesen, dass eine persönliche Teilnahme aufgrund der behördlichen Auflagen nicht möglich ist. Mit demselben Schreiben erfolgt darüber hinaus die Einladung zu einer Vorversammlung, die vor der Eigentümerversammlung online stattfindet. Drei Tage vor diesem Termin erhalten die Eigentümer per E-Mail einen individuellen Zugangscode oder einen Link.
Damit nicht einzelne Wohnungseigentümer aufgrund fehlender technischer Möglichkeiten von der virtuellen Versammlung ausgeschlossen sind, sollte auch eine Teilnahme per Telefon ermöglicht werden.
Nichtöffentlichkeitsgrundsatz
Für viel Diskussion sorgt derzeit der Nichtöffentlichkeitsgrundsatz. Die Verwaltung sollte die Eigentümer unbedingt diesbezüglich auf ihre Verantwortung hinweisen. Eigentümer, die an der Versammlung teilnehmen möchten, müssen dafür Sorge tragen, dass keine weiteren Personen zugegen sind. Das lässt sich mit einem gelegentlichen Kameraschwenk durch den Raum auch gut dokumentieren.
Online-Besprechung der TOPs und Beschluss
Online werden dann alle Tagesordnungspunkte im Detail besprochen und erläutert. Alle Eigentümer haben die Gelegenheit, sich einzubringen und sich so eine fundierte Meinung zu bilden. Auf Grundlage der Besprechungen in der Vorversammlung übermitteln die Eigentümer eine Vollmacht mit oder ohne weisungsgebenden Charakter an die Verwaltung. Die Zweitversammlung führt der Verwalter dann mit Vollmachten als Geisterspiel durch. Die gesetzlichen Vorgaben in § 24 Abs. 6 WEG, wonach die Niederschrift vom Vorsitzenden der Eigentümergemeinschaft – also in der Regel dem Verwalter – einem Wohnungseigentümer und dem Vorsitzenden eines gegebenenfalls bestellten Verwaltungsbeirats unterzeichnet werden muss, birgt eine Rechtsunsicherheit. Liegen die Unterschriften nicht vor, macht das die getroffenen Beschlüsse anfechtbar. Wenn es die räumlichen Gegebenheiten hergeben, wäre denkbar, dass diese Personen die Eigentümerversammlung unter Wahrung aller Sicherheitsvorschriften gemeinsam abwickeln. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass Eigentümer, die sich zuvor zustimmend zu diesem Vorgehen äußerten, im Nachgang das Verfahren und die Beschlüsse womöglich anfechten.
Auf die genannten Rechtsunsicherheiten lässt sich verständlicherweise nicht jede Verwaltung und nicht jede Gemeinschaft ein. In der VDIV-Deutschland-Umfrage gehen daher 85,4 % der Teilnehmer davon aus, dass viele Eigentümerversammlungen auf einen späteren Zeitpunkt im Jahr 2020 verschoben werden.