1 Leitsatz

Auch wenn es nur um die Klärung geht, ob der gefasste Negativbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hat, bleibt der Nennbetrag einer Sonderumlage für die Bestimmung der Beschwer maßgeblich.

2 Normenkette

§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO

3 Das Problem

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Y klagt gegen die persönlich haftenden Gesellschafter der Bauträger-GbR wegen Mängeln am gemeinschaftlichen Eigentum. Vor dem LG sind ein selbstständiges Beweis- sowie ein Hauptsacheverfahren anhängig. Mit Datum vom 4.10.2017 forderte das LG einen weiteren Kostenvorschuss für einen Sachverständigen in Höhe von 7.800 EUR an. Am 15.11.2017 findet eine Versammlung statt. Ein Antrag, die Erhebung einer Sonderumlage zur Zahlung des Kostenvorschusses zu beschließen, wird abgelehnt. Mehrheitlich angenommen wird der Antrag, einen Rechtsanwalt damit zu beauftragen, dem LG zu begründen, warum die vom Gericht vorgesehene Begutachtung der Schmutz- und Regenwasserversorgung und daher der Kostenvorschuss nicht nötig seien. Wohnungseigentümer K zahlt den Kostenvorschuss aus eigenen Mitteln ein und erhebt gegen die Beschlüsse eine Anfechtungsklage. Das AG erklärt beide Beschlüsse für ungültig. Die Berufung verwirft das LG als unzulässig. Seiner Ansicht nach ist die notwendige Beschwer von über 600 EUR nicht erreicht. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde.

4 Die Entscheidung

Mit Erfolg! Maßgebend für den Wert des Beschwerdegegenstands sei das Interesse des Berufungsklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils; dieses sei unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten. Dabei sei auch in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren allein auf die Position des Rechtsmittelführers, seine Beschwer und sein Änderungsinteresse abzustellen. Bei Beschlüssen, die Beiträge der Wohnungseigentümer oder sonstige bezifferte oder bezifferbaren Ansprüche beträfen, entspreche die Beschwer in aller Regel dem Nennbetrag der im Streit befindlichen Positionen. Wende sich ein Wohnungseigentümer gegen die Erhebung einer Sonderumlage, entspreche sein Interesse seinem Anteil an der Sonderumlage. Diese liege über 600 EUR. Dieses Interesse sei unabhängig davon maßgeblich, welchen wirtschaftlichen Nutzen die anderen Wohnungseigentümer aus der erstrebten Abweisung der Anfechtung noch ziehen könnten, nachdem K den Kostenvorschuss, der durch die Sonderumlage aufgebracht werden sollte, selbst bei Gericht eingezahlt habe. Auch wenn es nur noch um die Klärung gehe, ob der gefasste Negativbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen habe, bleibe der Nennbetrag der Sonderumlage für die Bestimmung der Beschwer maßgeblich.

Hinweis

Entsprechend ist der BGH bei der Anfechtung einer Jahresabrechnung (BGH, Beschluss v. 9.2.2017, V ZR 188/16, NJW-RR 2017 S. 913 Rn. 4), der im Hinblick auf Ersatzansprüche verweigerten Entlastung des Verwalters oder Verwaltungsbeirats (BGH, Beschluss v. 9.3.2017, V ZB 113/16, NJW-RR 2017 S. 1099 Rn. 12) und dem Beschluss über Zahlungsansprüche eines Wohnungseigentümers gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (BGH, Beschluss v. 19.6.2013, V ZB 182/12, NJW-RR 2013 S. 1034 Rn. 9) vorgegangen. Bei der Bezifferung spielt für ihn das dahinterstehende konkrete wirtschaftliche Interesse der Parteien im Grundsatz keine Rolle (BGH, Beschluss v. 19.6.2013, V ZB 182/12, NJW-RR 2013 S. 1034 Rn. 10).

5 Entscheidung

BGH, Beschluss v. 17.12.2020, V ZB 36/19

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