1.1 Begriff und Inhalt
Worum geht es?
Fehlt einem Grundstück die Verbindung mit einem öffentlichen Weg, ohne die es nicht ordnungsgemäß nutzbar ist, so hat der Eigentümer ein sog. Notwegrecht: Er kann von Nachbarn verlangen, dass sie die Benutzung ihrer Grundstücke zwecks Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden, bis der Mangel behoben ist.
Nicht im Grundbuch
Das Notwegrecht ähnelt einer Grunddienstbarkeit. Es ist jedoch kein dingliches Recht am Grundstück und kann demzufolge auch nicht in das Grundbuch eingetragen werden.
Auch für Versorgungsleitungen
Der Begriff "Notwegrecht" ist eigentlich zu eng gefasst. Hierunter fällt nämlich auch das sog. Notleitungsrecht, auf das die Vorschrift des § 917 BGB entsprechend angewandt wird. Es besteht, wenn einem Grundstück die notwendige Verbindung zu einem öffentlichen Versorgungsnetz (Wasser-, Abwasser-, Gas-, Strom- und Fernsprechleitungen) fehlt. Das Notleitungsrecht kann auch dazu berechtigen, Leitungen durch ein Gebäude zu führen; eine Einschränkung ergibt sich nur aus dem Gebot, die für den Duldungspflichtigen geringstmögliche Belastung zu wählen.
Landesrecht
Achtung: (Vorrangige) Regelungen des Notleitungsrechts sind in einigen Landesnachbargesetzen enthalten.
Fehlt es – wie z. B. in Bayern – an besonderen landesrechtlichen Vorschriften, so kommen für die Geltendmachung eines Notleitungsrechts die §§ 917, 918 BGB analog zur Anwendung.
1.2 Entstehung des Notwegrechts
Keine Eintragung im Grundbuch
Sind die Voraussetzungen des § 917 Abs. 1 BGB erfüllt, entsteht das geforderte Notwegrecht kraft Gesetzes. In einem konkreten Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn kann ein Wegerecht nach dem BGB außerhalb des Grundbuchs nur aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung (Miet-, Leih- oder Pachtvertrag) oder als Notwegrecht unter den Voraussetzungen des § 917 BGB entstehen. Dinglich, also im Grundbuch abgesichert, kann ein Wegerecht als Grunddienstbarkeit, persönliche Dienstbarkeit oder Nießbrauch bestellt werden.
Notweg aufgrund Vereinbarung
Mit der vertraglichen Verpflichtung, Hinterliegern fortwährend die Durchfahrt auf einem Grundstück zu gestatten, entsteht ein Dauerschuldverhältnis mit einer Dauerverpflichtung, die nicht der Verjährung unterliegt.
Aus dieser Verpflichtung ergibt sich nicht zugleich die Pflicht zur Schaffung der dafür erforderlichen Zuwegung. Diese ist wie bei einer Dienstbarkeit vergleichbaren Inhalts oder bei einem Notwegrecht Aufgabe des berechtigten Hinterliegers. Mit der Mitbenutzung eines Weges aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung entsteht zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Hinterlieger ein gemeinschaftsähnliches Rechtsverhältnis mit den sich insbesondere aus den §§ 742, 743 Abs. 2, 745 BGB ergebenden Rechten und Pflichten.
Wirkung für Rechtsnachfolger
Wenn Grundstücksnachbarn ein schuldrechtliches Wegerecht vereinbaren, durch das die Zufahrt zum Grundstück des Begünstigten gesichert werden soll, so beschränken sich die rechtlichen Wirkungen auf die beiden Vertragspartner. Im Fall der Veräußerung des belasteten Grundstücks kann eine ergänzende Vertragsauslegung des Kaufvertrags dahingehend in Betracht kommen, dass dieser Erwerber in die schuldrechtlichen Verpflichtungen des Verkäufers gegenüber dem Nachbarn eintritt.
Notweg kraft Duldung
Ein nachbarrechtliches Notwegrecht kann sich auch aus einem konkludent (d. h. nicht ausdrücklich) abgeschlossenen Leihvertrag ergeben. Er kann dadurch zustande kommen, dass das Befahren des Grundstücks über längere Zeit hinweg widerspruchslos geduldet wird. Dieser Leihvertrag kann grundsätzlich jederzeit gekündigt werden, jedoch nicht zur Unzeit, insbesondere dann nicht, wenn das Befahren des Grundstücks für den Nachbarn erkennbar vorübergehend unabdingbar ist.
Widerruf der Gestattung
Überhaupt verliert der Eigentümer, der die Inanspruchnahme seines Grundstücks durch einen Nachbarn jahrzehntelang geduldet hat, hierdurch nicht das Recht, die Gestattung der Nutzung seines Grundstücks zu widerrufen und einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen.
Im Übrigen kann auch die Gestattung unterirdischer Leitungen trotz jahrzehntelanger Duldung widerrufen werden. Die Verjährung des Beseitigungsanspruchs begründet kein Recht des Störers auf Duldung nach § 1004 Abs. 2 BGB.
Kein Wegerecht kra...