Leitsatz (amtlich)

1. Mittel der Glaubhaftmachung eines deliktischen Arrestanspruchs (hier: wegen betrügerischer Schädigung im Rahmen eines zu kriminellen Zwecken initiierten und praktizierten Anlagemodells) kann auch die Anklageschrift in dem laufenden (Wirtschafts-)Strafverfahren gegen den Arrestbeklagten sein (Fortführung von BGHZ 156, 139, Rz. 15 ff.).

2. Die Berufung gegen ein Urteil, das zusammen mit dem Arrestbefehl auch die im Ausgangsbeschluss ebenfalls ausgesprochene Pfändungsanordnung aufrechterhält, kann auf Mängel der Arrestpfändung (nur) insoweit gestützt werden, als die diesbezüglichen Rügen bestimmt und geeignet sind, zugleich den Bestand des Arrestbefehls selbst in Frage zu stellen.

3. Ein Pfändungsbeschluss, in dem der gepfändete Gegenstand nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit umschrieben wird, stellt - jedenfalls dann, wenn der Mangel offenkundig ist - nach dem Normzweck des § 929 II ZPO von vornherein kein geeignetes Mittel der Arrestvollziehung dar (Anschluss an BGHZ 112, 356, Rz. 9).

4. Etwaige Ansprüche, die einem Beschuldigten bzw. Angeklagten im Zusammenhang mit der Sicherstellung von Vermögensgegenständen zustehen, können grundsätzlich nur zusammen mit den betreffenden Vermögensrechten selbst wirksam gepfändet werden (Anschluss an BGHZ 138, 179, 184).

4.1 Soweit es hierbei ausschließlich um die Berechtigung des Beschuldigten (Angeklagten) geht, die Aufhebung der Beschlagnahme und Arrestierung seiner Bankguthaben nach den §§ 111c, 111d ff. StPO zu verlangen, stehen ohnehin nur Rechtspositionen verfahrensrechtlicher Natur und damit weder pfändbare Ansprüche noch "andere Vermögensrechte" i.S.d. § 857 Abs. 1 ZPO im Raum.

5. Zum Fehlen des erforderlichen Rechtsschutzinteresses für ein Arrestbegehren, wenn der damit verknüpfte Antrag auf Arrestpfändung jeden vollstreckungsfähigen Inhalt vermissen lässt und auch noch weitere Umstände darauf hindeuten, dass die Vorgehensweise des Arrestklägers von Anfang an nicht auf eine rasche und nachhaltige Sicherung seiner Ansprüche ausgerichtet war.

 

Normenkette

StPO § 111g; ZPO §§ 294, 829 Abs. 1, § 857 Abs. 1, § 916 Abs. 1, § 920 Abs. 2, § 929 Abs. 2, § 930; BGB § 401 Abs. 1; StPO §§ 111b, 111c, 111d

 

Verfahrensgang

LG Würzburg (Urteil vom 07.07.2011; Aktenzeichen 12 O 671/11)

 

Tenor

I. Auf die Berufungen der Arrestbeklagten wird das Endurteil des LG Würzburg vom 7.7.2011 aufgehoben.

II. Die Arrestanträge werden jeweils als unzulässig abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Arrestkläger.

IV. Berufungsstreitwert: bis zum 12.12.2011 (Rücknahme der klägerischen Berufung): 6.300 EUR und danach: 630 EUR (vgl. Ziff. II. des Senatsbeschlusses vom 23.3.2012)

 

Gründe

I. Die vorliegende Arrestsache ist Teil einer umfangreichen Serie gleichgelagerter Verfahren, in denen die ausnahmslos durch die auch hier eingeschaltete Anwaltskanzlei vertretene Anlegerseite - wie auch der Arrestkläger (fortan nur: Kläger oder Klägerseite) dieses Rechtsstreits - zur Sicherung eines deliktischen Anspruchs zunächst im Beschlusswege gegen beide (Arrest-)Beklagte jeweils die Anordnung des dinglichen Arrests sowie eine in derselben Entscheidung ausgesprochene Pfändung der "angeblichen Forderung der Antragsgegner auf Rückzahlung sichergestellter Vermögenswerte gegenüber der Staatsanwaltschaft Würzburg ..." erwirkt hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1. Der Kläger hatte sich im Jahre 2006 mit der Zeichnung sog. Genussrechte an einer in der Rechtsform einer AG geführten und von den Beklagten bzw. einem von ihnen gegründeten Anlagegesellschaft beteiligt, die inzwischen - ebenso wie die meisten übrigen Gesellschaften der Beklagten - in Insolvenz geraten ist. Die klägerische Beteiligung gehört zu einer Vielzahl gleichartiger Vorgänge, die Gegenstand des gegen beide Beklagte anhängigen Strafverfahrens vor der Wirtschaftsstrafkammer des LG Würzburg sind. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage vom 11.8.2011 legt beiden Beklagten - neben mehreren Untreuehandlungen zum Nachteil der von ihnen als Initiatoren, Gründer und/oder (faktischer) Vorstand bzw. Geschäftsführer gesteuerten Gesellschaften - insgesamt vier Tatserien eines jeweils fortgesetzt und gemeinschaftlich verübten sowie gewerbsmäßigen Betrugs zum Nachteil der Anleger der von ihnen beherrschten Beteiligungsgesellschaften zur Last. Beide Beklagte befinden sich seit dem 28.10.2010 in ununterbrochener Untersuchungshaft.

Schon während des Ermittlungsverfahrens hatte der Ermittlungsrichter des AG Würzburg zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe für die geschädigten Anleger jeweils den dinglichen Arrest in das Vermögen der Beklagten sowie die Arrestpfändung in zahlreiche von der Staatsanwaltschaft sichergestellte "Vermögenswerte" der Beklagten angeordnet. Die konkrete Ausgestaltung dieser Sicherungsmaßnahmen hat die Klägerseite erst mit Schriftsatz vom 13.2.2012 erläutern lassen.

Auf die Widersprüche der Beklagten hat das LG mit dem angefochtenen Urteil beide dinglichen Arreste einschließli...

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