Verfahrensgang

LG Bamberg (Urteil vom 02.02.2022; Aktenzeichen 11 O 160/20 V)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 02.02.2022, Az. 11 O 160/20 V, abgeändert:

1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 9.543,07 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p. a. aus 8.116,62 EUR seit dem 18.12.2017 und im Übrigen seit 02.07.2020 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren Aufwendungen innerhalb des zwischen den Parteien bestehenden Teilungsabkommens mit einer Quote von 55 % zu ersetzen, die der Klägerin aufgrund der Frau ..., entstanden sind und noch entstehen werden.

3. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, der Klägerin 887,03 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 02.07.2020 zu zahlen.

II. Von den Gerichtskosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen die Klägerin 59 %, die Beklagte zu 1) 41 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz haben zu tragen:

  • von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin die Beklagte zu 1) 41 %;
  • von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) die Klägerin 17 %;
  • die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) die Klägerin.

Im Übrigen tragen die Parteien die ihnen in der 1. Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte zu 1).

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweils andere Teil vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, verlangt - gestützt auf das am 30.07/09.08.1984 zwischen ihr und der Beklagten zu 1) abgeschlossene Rahmen-Teilungsabkommen (TA) von der Beklagten zu 1), einem Kfz-Haftpflichtversicherer, 55 % der Aufwendungen, die ihr aus Anlass eines Unfalls der bei ihr Versicherten ... entstanden sind sowie Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Aufwendungen in Höhe von 55 %. Zu dem Verkehrsunfall am 19.11.2016 kam es, weil der Fahrer des bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Fahrzeugs auf das verkehrsbedingt anhaltende Fahrzeug, das von der Versicherten geführt wurde, auffuhr. Die Versicherte hatte das Beklagtenfahrzeug im Rückspiegel näher kommen sehen und sich in Erwartung eines Aufpralls am Lenkrad abgestützt. Sie verspürte unmittelbar nach dem Unfall keine Beschwerden und begab sich nicht in ärztliche Behandlung. 2 Tage später traten Schmerzen im Bereich des rechten Armes bzw. der rechten Hand auf. Die Versicherte begab sich am 22.11.2016 erstmals in ärztliche Behandlung. Bei einer Untersuchung am 29.11.2016 wurde ein posttraumatischer Abriss des Tiefenblatts des triangulären fibrocartilaginären Komplexes diagnostiziert. Die Aufwendungen der Klägerin für Krankenhausaufenthalte, ärztliche Behandlungen, Therapien, Hilfsmittel, Krankengeld und Lohnersatzleistungen betragen bisher 17.366,43 EUR. Die Beklagte zu 1) lehnt den Ausgleich ab, weil der nach § 1a Abs. 3 TA erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der diagnostizierten Verletzung und dem Unfall nicht vorliege. Es habe sich bei dem Unfall um einen Bagatellunfall gehandelt, bei dem nur äußerst geringe Kräfte auf den Körper der Versicherten eingewirkt hätten. Beweispflichtig sei für die Kausalität nach dem Teilungsabkommen die Klägerin.

Die maßgeblichen Regelungen des Teilungsabkommens (Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 06.08.2020) lauten wie folgt:

"§ 1a für Schadenfälle der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung

(1) Erhebt eine diesem Abkommen beigetretene Betriebskrankenkasse ("K") Schadensersatzansprüche nach § 116 SGB X gegen Kraftfahrzeughalter und -führer, die aus dem Schadenfall bei der "H" Versicherungsschutz genießen, so erstattet die "H" der "K" ohne Prüfung der Haftungsfrage namens der haftpflichtversicherten Personen im Rahmen des bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrages und nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen 55 % ihrer anlässlich des Schadensfalls aufgrund Gesetzes erwachsenen Aufwendungen.

(2) Eigenes Verschulden des Geschädigten oder das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses (§ 7 Abs. 2 StVG) schließt die Erstattungspflicht der "H" nicht aus.

(3) Voraussetzung für die abkommensgemäße Beteiligung ist jedoch das Bestehen eines adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem Gebrauch des Kraftfahrzeuges und dem Eintritt des Schadenfalles.

(...)

§ 2 Die Aufwendungen der "K" unterliegen der Erstattung nach §§ 1a und 1b nur insoweit und solange, als sie sich mit dem sachlich und zeitlich kongruenten Schaden des Verletzten decken (Übergang nach § 116 SGB X).

§ 3 (1) Das Abkommen findet Anwendung, wenn und soweit die "H" aus dem den Regreßansprüchen ...

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