Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation
Normenkette
WpHG §§ 37b, 37c; BGB § 826; ZPO § 149
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Urteil vom 30.07.2014; Aktenzeichen 5 O 401/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Braunschweig vom 30.7.2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des insgesamt aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Berufungsstreitwert: 131.986,60 EUR.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche auf Schadensersatz wegen unzutreffender Information geltend, weil ihm im Jahre 2008 bei Transaktionen auf Basis der V-Aktie an der Börse Verluste entstanden seien. Wegen des Sach- und Streitstandes sowie der Anträge der Parteien im Rechtsstreit erster Instanz wird Bezug auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils nebst Anlagen zur Entscheidung (Bl. 295-301, 319-322 d.A.) genommen. Ergänzend ist zu bemerken, dass die "Ad-hoc-Mitteilung" und die Pressemitteilung der Beklagten vom 03.03.2008 sowie ihre weiteren Pressemitteilungen nach dem 10.03. bis einschließlich 16.09.2008 vom Kläger im erstinstanzlichen Rechtsstreit nicht zur Begründung seiner Forderung vorgetragen worden sind.
Das LG Braunschweig hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 30.7.2014 (Bl. 294-322 d.A.) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Dem Kläger stehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Aus §§ 37b, 37c WpHG ergebe er sich schon deshalb nicht, weil die Beklagte nicht Emittentin der streitgegenständlichen V-Stammaktien sei. Eine analoge Anwendung der Vorschriften auf andere Marktteilnehmer komme nicht in Betracht. Auch ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 20a WpHG bestehe nicht, denn nach BGH NJW 2012, 1800, 1802 sei § 20a WpHG kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB. Für Ansprüche aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB fehle es überhaupt an Klägervorbringen.
Schließlich sei auch kein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB gegeben. Es fehle an der Sittenwidrigkeit und der Ursächlichkeit des Informationsverhaltens der Beklagten. Im Unterschied zu den bislang entschiedenen Fällen sei die Beklagte im Hinblick auf die Aktien der V AG nicht Emittentin, sondern nur Marktteilnehmerin wie der Kläger selbst, auch wenn sie die Papiere außerbörslich erworben habe; es gehe auch nicht um formelle Ad-hoc-, sondern lediglich um Pressemitteilungen, bei welchen die Maßstäbe andere seien. Sittenwidrig könne die wiederholte Verbreitung grob unrichtiger Ad-hoc-Mitteilungen sein; der bloße Gesetzesverstoß und die Verursachung eines Schadens genügten jedoch nicht. Danach sei das Verhalten der Beklagten nicht als verwerflich anzusehen.
Zudem sei die Nachricht vom 03.03.2008 nicht unrichtig, sondern allenfalls mehrdeutig. Soweit vertreten werde, bereits die Strategieplanung sei publizitätspflichtig, begründe dies ebenfalls keine Sittenwidrigkeit; der bloße Pflichtverstoß begründe sie nicht, der Kläger sei nicht vom Schutzbereich des § 15 Abs. 3 WpHG erfasst, und die Beklagte habe ihre berechtigten Interessen wahrgenommen. Aufsichtsrats- und Vorstandsbeschlüsse habe es noch nicht gegeben. Soweit der Kläger sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes berufe, habe dieser lediglich festgestellt, dass Kapitalmarktinformationen auch in Zwischenschritten offenlegungspflichtig sein könnten, aber nicht müssten; für den konkreten Fall ergebe sich deshalb daraus nichts. Der Gerichtshof leite seine Ansicht auch erst aus derjenigen Richtlinie her, die in § 15 Abs. 3 WpHG umgesetzt worden sei.
Die Nichtveröffentlichung einer Übernahmeabsicht zur Vermeidung von Preisaufschlägen sei nach den Gesetzesmotiven auch berechtigt. Auch hier sei zu berücksichtigen, dass die Parteien sich auf dem Wertpapiermarkt nur als Konkurrenten begegneten, für die Grundsätze wie "gegenseitige Rücksichtnahme" und "Treu und Glauben" bestenfalls eingeschränkt gälten; jeder Marktteilnehmer sei auf seinen Vorteil bedacht, und der Gewinn des einen führe zum Verlust des anderen. Ohnehin habe gesetzlich 2008 noch keine Veröffentlichungspflicht bestanden. Es liege auch keine Ausnutzung einer unbeabsichtigten Regelungslücke oder gar eines groben Missstandes vor, den der Gesetzgeber später mit der Neuregelung habe beseitigen wollen. Die erteilten Informationen seien auslegungsbedürftig gewesen; sie hätten mehrere Möglichkeiten offengelassen. Das gelte besonders für die Ad-hoc-Mitteilung vom 03.03.2008, die ja in den Medien denn auch Spekulationen über einen Erwerb von 75 % der V-Stammaktien hervorgerufen habe. Zudem habe eine konkrete Planung der Beklagten für einen Gewinnabführungs- und Beherrsc...