Leitsatz (amtlich)
1. Zur Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Markenrechtsverletzungen durch Adword-Anzeigen.
2. Wer Adword-Anzeigen unter Wahl der Option "weitgehend passende Keywords" aufgibt, ist auch für Markenrechtsverletzungen verantwortlich, die dadurch erfolgen, dass über diese Funktion von Google ein eine fremde Marke enthaltendes Keyword zur Liste der Keywords hinzugefügt wird, bei dem die Anzeige erscheint. Das gilt jedenfalls dann, wenn das hinzugefügte Keyword bei Buchung der Anzeige auf der aufrufbaren Liste der hinzugefügten Keywords erscheint und abgewählt werden kann.
Normenkette
VMarkenG § 14 II Nr. 1, § 14 Nr. 2; MarkenRL Art. 5 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Braunschweig (Urteil vom 27.08.2008) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Braunschweig vom 27.8.2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 1 des angefochtenen Urteils wie folgt lautet:
Der Beklagten wird es untersagt, im geschäftlichen Verkehr Google AdwordsAnzeigen, die auf den unter der URL "http://www.s.de" in das Internet eingestellten Onlineshop verweisen, in der Art und Weise zu gestalten und/oder zu verbreiten bzw. gestalten zu lassen und/oder verbreiten zu lassen, dass diese bei Google (www.google.de) nach erfolgter gezielter Suche nach 'M. Pralinen' in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zur GoogleSuchergebnisliste erscheinen und auf den genannten OnlineShop verweisen, obgleich dieser keinerlei Produkte der Marke 'M.' anbietet und/oder vertreibt, wenn dies wie folgt geschieht:
(hier ist im Original der Screenshot der angegriffenen Werbung enthalten)
und dass Ziff. 3 des angefochtenen Urteils wie folgt lautet:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von entstandenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 699,90 EUR durch Zahlung an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin freizustellen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin wegen der Verurteilung zur Unterlassung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 5000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagte kann die Vollstreckung im Übrigen und wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte nach einem vorausgegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren (LG Braunschweig 9 O 310/07) wegen Verletzung von Markenrechten an der für die Warenklasse 30 eingetragenen deutschen Wort/Bildmarke "M." durch eine AdwordAnzeige bei Google in Anspruch. Die Klägerin hat eine ausschließliche Lizenz an der Streitmarke. Sie ist von der Markeninhaberin IP Ltd. ermächtigt worden, Markenverletzungen zu verfolgen (Anlage K1). Sie betreibt unter der InternetDomain "www. m. shop. com" einen "M. Shop", über den sie hochwertige Konfiserie und Schokoladenprodukte vertreibt.
Die Beklagte ist Betreiberin eines OnlineShops für Geschenke, Pralinen und Schokolade unter den Internetdomains "www.s.de" und "www.f.geschenke.de". Die Beklagte schaltete im Januar 2007 bei der Suchmaschine Google eine AdwordAnzeige für ihren InternetShop unter Eingabe der Suchworte gemäß Anlage B4, insbesondere auch des Suchwortes "Pralinen" mit der Option "weitgehend passende Keywords". Bei Eingabe des Suchbegriffs "M. Pralinen" (Eingabe mit Anführungszeichen) bei Google erschien am 19.1.2007 rechts neben den Suchergebnissen die Anzeige der Beklagten:
"Pralinen
Weine, Pralinen, Feinkost, Präsente
Geniessen und schenken!
"www.f.geschenke.de"
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K4 Bezug genommen. Über den in der Anzeige angegebenen Link "www.f.geschenke.de" gelangte der Suchmaschinennutzer auf die Homepage der Beklagten unter "www.s.de". In dem Onlineshop der Beklagten wurden keine Produkte mit dem Zeichen "M." vertrieben noch enthält der Onlineshop der Beklagten Informationen zur Klägerin oder zu Produkten mit der Marke "M.".
Anzeigen erscheinen bei Google auf Grund eines Auftrages im Rahmen der AdwordFunktion, bei dem der Kunde den Anzeigentext und Suchworte eingibt, bei deren Aufruf durch den Suchmaschinennutzer die Anzeige erscheinen soll. Zum Zeitpunkt der Aufgabe der Anzeige der Beklagten hatte der Anzeigenkunde mehrere Optionen für die Wahl der sog. Keywords, bei deren Eingabe durch den Suchmaschinennutzer die Anzeige erschien. Der Anzeigenkunde gab selbst Keywords ein und hatte dann die Möglichkeit, unter den Funktionen "weitgehend passende Keywords", "passende Wortgruppen" oder "genau passende Keywords" zu wählen.
Traf er keine ausdrückliche andere Wahl, erschien die Anzeige entsprechend der Funktion "weitgehend passende Keywords" bei den von dem Anzeigenkunden eingetragenen Suchworten sowie bei weiteren von G...