Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg für Rechtsbehelfe gegen vorzeitige Besitzeinweisungen nach § 18f FStrG
Leitsatz (amtlich)
1. Für Rechtsbehelfe gegen vorzeitige Besitzeinweisungen gemäß § 18f FStrG ist nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet.
2. Die Verweisung des § 18f Abs. 8 FStrG auf die Enteignungsgesetze der Länder begründet keine abdrängende Sonderzuweisung zu den ordentlichen Gerichten für Rechtsbehelfe gegen vorzeitige Besitzeinweisungen.
Normenkette
EnteigG BR § 8 S. 2; FStrG § 18 f.; GVG § 17a Abs. 4 S. 3; VerkPBG § 9 Abs. 3; VwGO § 40 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 1b O 186/22) |
LG Bremen (Aktenzeichen 1b O 187/22) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin vom 23.02.2022 gegen den Beschluss des Landgerichts Bremen vom 18.02.2022 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich im Wege des Hauptsacheverfahrens und eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung durch die Antragsgegnerin als Enteignungsbehörde auf fernstraßenplanungsrechtlicher Grundlage.
Mit Beschluss vom 01.02.2022 hat die Antragsgegnerin auf Antrag der weiteren Beteiligten, der ..., den Besitz des Antragstellers an mehreren Grundstücken, die vom Projekt ... betroffen sind, im Wege der vorzeitigen Besitzeinweisung gemäß § 18f FStrG mit Wirkung zum 21.02.2022, 0.00 Uhr auf die weitere Beteiligte übertragen. Die Rechtsmittelbelehrung dieses Beschlusses der Antragsgegnerin verweist auf die Zuständigkeit der Kammer für Baulandsachen beim Landgericht Bremen.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller am 09.02.2022 Klage vor dem Landgericht Bremen erhoben und mit diesem Antrag auf gerichtliche Entscheidung die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses beantragt, zudem hat er mit Antrag vom selben Tag im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den angefochtenen Beschluss wiederherzustellen.
Mit Hinweisverfügung vom 14.02.2022 hat der Vorsitzende der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bremen als Kammer für Baulandsachen darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, das Verfahren sowohl in der Hauptsache wie auch hinsichtlich des einstweiligen Rechtsschutzes an das Verwaltungsgericht Bremen zu verweisen.
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom selben Tag hilfsweise die Verweisung beider Verfahren an das Verwaltungsgericht Bremen beantragt.
Die Antragsgegnerin ist mit Schriftsatz vom 15.02.2022 der beabsichtigten Verweisung an das Verwaltungsgericht Bremen entgegengetreten, da die Kammer für Baulandsachen für die Verfahren zuständig sei. In der Sache hat die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzuweisen.
Mit Beschluss vom 18.02.2022 hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Bremen als Kammer für Baulandsachen für beide Verfahren den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und beide Rechtsstreite an das Verwaltungsgericht Bremen verwiesen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin in beiden Verfahren mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 23.02.2022, mit der sie beantragt, den angefochtenen Beschluss abzuändern und den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für zulässig zu erklären. Das Landgericht Bremen hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 03.03.2022 nicht abgeholfen und die Sache dem Hanseatischen Oberlandesgericht in Bremen zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig nach den §§ 17a Abs. 4 S. 3 GVG, 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO, aber in der Sache nicht begründet. Das Landgericht hat die Verfahren zutreffend an das Verwaltungsgericht Bremen verwiesen, da die Verwaltungsgerichte für die vorliegenden Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung über die vorzeitige Besitzeinweisung gemäß § 18f FStrG (Bundesfernstraßengesetz) zuständig sind. Es handelt sich im Sinne des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, die auch nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.
1. Bei dem Verfahren einer vorzeitigen Besitzeinweisung nach § 18f FStrG handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art (siehe BVerwG, Beschluss vom 01.04.1999 - 4 B 26/99, juris Rn. 8, NVwZ-RR 1999, 485), wie auch zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht.
2. Die Rechtsbehelfe gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung nach § 18f FStrG sind auch nicht mehr nach der Regelung des § 9 Abs. 3 VerkPKG (Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz) den ordentlichen Gerichten zugewiesen, wie dies noch in der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde zu legen war (siehe BVerwG, a.a.O., juris Rn. 8). Die Regelungen des VerkPKG galten nach dessen § 1 Abs. 1 VerkPKG lediglich beschränkt auf die neuen Länder sowie das Land Berlin und im Übrigen befristet bis zum Abla...