Entscheidungsstichwort (Thema)
Die Großmutter der betroffenen Kinder ist keine Beteiligte des Sorgerechtsverfahrens im Sinne von § 7 FamFG
Leitsatz (amtlich)
Durch ein Sorgerechtsverfahren gemäß §§ 1666, 1666a BGB wird die Großmutter der betroffenen Kinder selbst dann nicht gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG unmittelbar in eigenen Rechten betroffen, wenn sie als Vormund für ihre Enkelkinder in Betracht kommt. In einem derartigen Fall ist sie gemäß § 1779 Abs. 3 BGB anzuhören, wodurch sie aber nicht die Eigenschaft einer Beteiligten im Sinne des § 7 FamFG erhält.
Normenkette
FamFG §§ 7, 59, 151; BGB §§ 1666, 1666a, 1779
Verfahrensgang
AG Bremen (Aktenzeichen 67 F 3759/14) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im vorliegenden Verfahren geht es um einen Antrag des Jugendamtes gemäß §§ 1666, 1666a BGB bezüglich der [...], geboren am [...] 2012, und der [...], geboren am [...] 2014. Bei den Mädchen handelt es sich um Enkelinnen der Beschwerdeführerin. Die Kinder sind in einer Pflegefamilie in [...] untergebracht und werden dort einmal monatlich von der Beschwerdeführerin besucht. Der bisher allein sorgeberechtigten Kindesmutter ist bereits mit amtsgerichtlichem Beschluss vom 23.5.2014 im einstweiligen Anordnungsverfahren das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Gesundheitsfürsorge und das Recht zur Beantragung öffentlicher Hilfen für beide Mädchen vorläufig entzogen und auf das Jugendamt als Pfleger übertragen worden. Im vorliegenden Hauptsacheverfahren hat das AG - Familiengericht - Bremen endgültig über die Sorgerechtsentziehung hinsichtlich der Mädchen zu entscheiden. Es ist ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten über die Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter eingeholt worden, wobei die Sachverständige auch zu beurteilen hatte, ob eine Betreuung der Kinder durch die Großmutter mütterlicherseits, die Beschwerdeführerin, in Betracht kommt. Am 20.8.2015 hat vor dem Amtsrichter eine mündliche Anhörung stattgefunden, an der neben der Sachverständigen und dem Verfahrensbeistand nur eine Mitarbeiterin des Jugendamtes teilgenommen hat. Die Ladung der Kindeseltern konnte nicht vorgenommen werden. Die weitere mündliche Anhörung am 28.9.2015 hat unter Beteiligung der Kindeseltern sowie der Großmutter, der hiesigen Beschwerdeführerin, stattgefunden, die angehört wurde. Die Beschwerdeführerin möchte erreichen, dass beide Kinder von ihr betreut werden und ihr die Vormundschaft für die Kinder übertragen wird. In ihrem Haushalt lebt bereits die am [...] 2007 geborene weitere Tochter der Kindesmutter [...].
Mit Schriftsatz vom 21.9.2015 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin die Beteiligung seiner Mandantin gemäß § 7 FamFG und Akteneinsicht beantragt. Mit Beschluss vom 30.9.2015 hat das AG - Familiengericht - Bremen beide Anträge zurückgewiesen. Der Beschluss ist gemäß richterlicher Verfügung vom 30.9.2015 nicht an die Beschwerdeführerin bzw. ihren Verfahrensbevollmächtigten zugestellt worden. Letzterer gibt das Datum des Zugangs mit dem 12.10.2015 an. Die sofortige Beschwerde der Großmutter gegen den amtsgerichtlichen Beschluss vom 30.9.2015 ist am 19.10.2015 beim AG Bremen eingegangen. Mit der Beschwerde begehrt sie, sie im vorliegenden Verfahren zu beteiligen und ihr Akteneinsicht zu gewähren.
Das AG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 29.10.2015 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die statthafte (§§ 7 Abs. 5 FamFG, 567 ff. ZPO), form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Großmutter der betroffenen Kinder ist zulässig, aber unbegründet. Das AG - Familiengericht - Bremen hat mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht den Antrag der Großmutter auf Beteiligung am Sorgerechtsverfahren gemäß § 1666 BGB zurückgewiesen (hierzu Ziff. II.1.). Auch ihre Beschwerde gegen die Nichtgewährung von Akteneinsicht ist nicht stattzugeben (hierzu Ziff. II. 2.).
1. Die Beteiligung an Kindschaftssachen i.S.d. § 151 FamFG richtet sich nach § 7 FamFG; Sonderregelungen sind nicht vorhanden (vgl. Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl., § 7 Rn. 36).
Eine Beteiligung gemäß § 7 Abs. 1 FamFG scheidet hier aus, da es sich bei einem Sorgerechtsverfahren gemäß § 1666 BGB um ein Amts- und kein Antragsverfahren handelt. Eine Beteiligung gemäß § 7 Abs. 3 FamFG setzt voraus, dass die Beteiligung der weiteren Person im FamFG oder einem anderen Gesetz vorgesehen ist. Die Beteiligung von Personen kann somit nicht nur deshalb erfolgen, weil es das Gericht für wünschenswert hält. Vielmehr können nur die gesetzlich berechtigten Personen beteiligt werden, alle anderen können nur im Rahmen der Amtsermittlung als Zeugen vernommen werden (Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 7 Rn. 21). Eine Beteiligung von Großeltern im Sorgerechtsverfahren kann dann gemäß §§ 7 Abs. 3, 161 Abs. 1 S. 1 FamFG in Betracht kommen, wenn das Enkelkind bei ihnen über längere Zeit...