Leitsatz (amtlich)
1. Rechnet ein Prozessbevollmächtigter ggü. einem Haftpflichtversicherer die ihm entstandene Gebührenforderung mit "17,5/10 Pauschalgebühr gem. DAV-Abkommen" ab, so liegt darin das Angebot zum Abschluss eines (Teil)Erlassvertrages, mit dem der Prozessbevollmächtigte im Namen seines Mandanten auf dessen (weiter gehende) Ansprüche verzichtet, das der Versicherer jedenfalls mit Begleichung der Gebührenrechnung annimmt.
2. Da der Prozessbevollmächtigte auch bei Abgabe dieser Erklärung im Namen seines Mandanten handelt, kommt es auf dessen Kenntnis von der DAV-Vereinbarung nicht an (gegen OLG Celle, Beschl. v. 22.5.2003 - 14 W 22/03, OLGReport Celle 2003, 300 = DAR 2003, 556).
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 397 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 22.11.2005; Aktenzeichen 8 O 916/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Bremen - 8. Zivilkammer - vom 22.11.2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die Klägerin begehrt Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 19.12.2002 ereignet hat. Die alleinige Haftung der Beklagten ist unstreitig.
Vorgerichtlich stritten die Parteien vor allem um die Höhe des Schmerzensgeldes. Während die Klägerin sich einen Schmerzensgeldbetrag von 40.000 vorstellte, zahlte die beklagte Versicherung insgesamt 17.000.
Ferner ersetzte die Beklagte den von der Klägerin mit insgesamt 14.914,20 geltend gemachten Haushaltsführungsschaden i.H.v. 3.593,36.
Die Beklagte hatte unter dem 4.1.2005 ein Abrechnungsschreiben übersandt, mit welchem die Klägerin, wie sie mit anwaltlichem Schreiben vom 4.2.2005 mitteilte, nicht einverstanden war. Gleichzeitig forderte sie die Beklagte auf, sie bis zum 19.2.2005 klaglos zu stellen. Darauf erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 7.2.2005:
"Zur Klaglosstellung ... ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zahlen wir ... einen weiteren Betrag von 2.000 EUR."
Die jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin schrieb sodann unter dem 13.4.2005 an die beklagte Versicherung:
"Sie haben den Schaden in Höhe eines Betrages von 21.006,94 reguliert. Insoweit möchte ich nunmehr meine Gebühren abrechnen ..."
In der diesem Schreiben beigefügten Kostenrechnung gab die Rechtsanwältin an:
"17,5/10 Pauschalgeb. gem. DAV Abkommen aus 21.006,94 EUR".
Die Beklagte glich sodann die sich auf 1.334,58 belaufende Kostenrechnung aus.
Die Klägerin verlangt über die von der Beklagten gezahlten Beträge hinaus Zahlung weiterer 34.501,84 (Schmerzensgeld und Ersatz weiteren Haushaltsführungsschadens).
Das LG - 8. Zivilkammer - hat durch Urteil vom 22.11.2005 die Klage abgewiesen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 34.501,84 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.5.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszuge wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II. Die Berufung der Klägerin ist zwar statthaft (§ 511 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, insb. in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 517, 519, 520 ZPO).
Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene Schadenersatzforderung aus dem Verkehrsunfall vom 19.2.2002 ist mit den Zahlungen der Beklagten i.H.v. 21.006,94 vollständig ausgeglichen. Weitere Ansprüche bestehen nicht, weil die Klägerin hierauf wirksam verzichtet hat.
Das Abrechnungsschreiben der Prozessbevollmächtigen der Klägerin vom 13.4.2005 enthielt das konkludente Angebot zum Abschluss eines Erlassvertrages nach § 397 BGB. Es bezog sich nämlich ausdrücklich auf das "DAV Abkommen" und damit - insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit - auf die seit dem 1.10.1991 bestehenden Empfehlungen des DAV zu Kfz.-Unfallschäden. Ein wesentlicher Inhalt dieser Empfehlungen ist, dass im Verhältnis zwischen dem Anwalt des Geschädigten und dem Kfz.-Haftpflichtversicherer des Schädigers der Versicherer dem Rechtsanwalt einen einheitlichen Pauschbetrag in Höhe einer 15/10 bzw. (im Falle der Regulierung von Körperschäden) 17,5/10 Gebühr zahlt ohne Rücksicht darauf, ob eine Besprechungs- oder eine Vergleichsgebühr im Einzelfall angefallen ist. Da mithin ein ...