Leitsatz (amtlich)
1. Die Werbung „Tiefpreisgarantie. Trotz riesiger Auswahl haben wir die tiefsten Preise der Region. Sollten Sie trotzdem eines unserer Angebote innerhalb von 14 Tagen bei gleicher Leistung woanders günstiger sehen, erstatten wir den Differenzbetrag. Garantiert.” stellt trotz Verwendung des Superlativs („die tiefsten Preise”) keine Alleinstellungswerbung dar, weil der Gesamtzusammenhang der Werbeaussage eindeutig erkennen lässt, der Werbende halte es für möglich, dass ein Mitbewerber preisgünstiger anbiete.
2. Dies gilt insb., wenn die Überschrift „Tiefpreisgarantie” durch die Schriftgröße oder in anderer Weise blickfangmäßig herausgehoben ist.
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 09.10.2003; Aktenzeichen 12 O 440/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des LG Bremen – 2. Kammer für Handelssachen – vom 9.10.2003 abgeändert und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
Wegen des Tatbestandes wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Das LG hat die antragsgemäß erlassene einstweilige Verfügung mit Urteil vom 9.10.2003 bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Werbung der Verfügungsbeklagten stelle eine irreführende Alleinstellungsbehauptung dar, die gegen § 3 UWG verstoße. Zur Ergänzung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Das Urteil des LG ist den Verfügungsbeklagten am 13.10.2003 zugestellt worden. Sie haben dagegen am 20.10.2003 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Sie sind der Ansicht, es fehle schon am Eilbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Verfügung, da die Verfügungsbeklagten jahrelang in der jetzt beanstandeten Form geworben hätten. Diese Werbung könne der Verfügungsklägerin nicht verborgen geblieben sein, insb. da sie ihrem eigenen Vortrag nach die Werbung der Verfügungsbeklagten regelmäßig auf Wettbewerbsverstöße hin überprüfe. Darüber hinaus erwecke der von der Verfügungsklägerin beanstandete Werbetext bei den angesprochenen Verkehrskreisen keinesfalls den Eindruck einer Alleinstellung der Verfügungsbeklagten. Das ergebe sich bereits aus dem relativierenden Zusatz einer „Preisgarantie” und der Überschrift der Werbung als „Tiefpreisgarantie”. Zur Ergänzung des Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 16.10.2003 und den Schriftsatz der Verfügungsbeklagten vom 3.2.2004 Bezug genommen.
Die Verfügungsklägerin verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Ansicht, die Alleinstellungsbehauptung werde keinesfalls durch den Zusatz über die Preisgarantie relativiert. Im Übrigen treffe es auch nicht zu, dass die Verfügungsbeklagten die niedrigsten Preise hätten, wie sich aus einer Preisgegenüberstellung mit den Angeboten der Verfügungsklägerin allein im Segment der Digitalkameras ergebe. Schließlich versichert der Verfahrensbevollmächtigte der Verfügungsklägerin, dass weder ihm noch seiner Mandantin die beanstandete Werbung der Verfügungsbeklagten zuvor aufgefallen sei. Andernfalls hätte er bereits früher den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Auch zur Ergänzung des weiteren Vortrags der Verfügungsklägerin wird auf die Schriftsätze vom 3. und 10.2.2004 verwiesen.
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch i.Ü. zulässig (§§ 511 Abs. 1 und 2, 517, 519, 520 ZPO). Sie ist auch begründet.
Das Eilbedürfnis ist nicht entfallen. Der Verfahrensbevollmächtigte der Verfügungsklägerin hat anwaltlich versichert, erst unmittelbar vor Beantragung der einstweiligen Verfügung von der konkret beanstandeten Werbung erfahren zu haben.
Die Werbung mit einem Superlativ – hier die tiefsten Preise der Region – stellt für sich allein genommen noch keine Alleinstellungswerbung dar. Entscheidend ist vielmehr die Auffassung des Verkehrs. Das heißt es kommt darauf an, welche Wirkung die Werbung auf einen nicht unerheblichen – nicht völlig unbeachtlichen – Teil der Verkehrskreise hat, an den sie sich wendet. Beim Verbraucher darf durch die Werbung keine irrige Vorstellung hervorgerufen werden (Baumbach/Hefermehl, UWG, 22. Aufl., § 3 Rz. 23). Zwar ist eine Alleinstellungswerbung irreführend, wenn sie nicht wahr ist. Durch die Verwendung eines Superlativs in der Werbeaussage wird bei den angesprochenen Verbraucherkreisen zwar häufig, aber nicht automatisch die Vorstellung von einer Alleinstellung des Werbenden hervorgerufen. Der Grundsatz, dass die Verwendung des Superlativs auf eine Spitzenstellung des Werbenden hindeutet, ist keinesfalls selbstverständlich. Die Beurteilung der Werbung muss vielmehr in jedem einzelnen Fall individuell danach vorgenommen werden, wie der Adressatenkreis der Werbung diese auffasst. Es kommt vor allem auf den Gesamtzusammenhang der Werbeaussage an (Baumbach/Hefermehl, UWG, 22. Aufl., § 3 Rz. 68).
Die von der Verfügungsklägerin beanstandete Werbung wird von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Alleinstellungsbehauptung aufgefasst. Bereits die ...