Normenkette

ZPO § 321a

 

Verfahrensgang

LG Bückeburg (Aktenzeichen 2O 106/01)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin vom 26.11.2002 auf Fortführung des Verfahrens nach § 321a ZPO wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Antrag ist unzulässig; der Antrag auf Fortführung des Verfahrens nach § 321a Abs. 1 ZPO ist nicht statthaft. Dabei kann es dahinstehen, ob die Vorschrift des § 321a ZPO generell einer analogen Anwendung im Berufungsverfahren nicht zugänglich ist, weil sie ausdrücklich (nur) von der Fortsetzung des Prozesses „vor dem Gericht des ersten Rechtszuges” spricht, sodass sich die Anwendung dieser Vorschrift über die allgemeine Verweisung in § 525 ZPO verbieten könnte, und des Weiteren die für eine analoge Anwendung vorauszusetzende Regelungslücke fehlen könnte, da der auf erstinstanzliche Urteile begrenzte Anwendungsbereich dieser Vorschrift dem Gesetzgeber aufgrund der Stellungnahme des Bundesrats zur Begründung des Regierungsentwurfs deutlich vor Augen stand (vgl. dazu Hannich/Meyer-Seitz/Engers, ZPO Reform, Einführung – Texte – Materialien, § 321a ZPO S. 276 f.; zum Meinungsstand Müller, NJW 2002, 2743 [2745] m. Fn. 18).

Die Notwendigkeit einer entsprechenden Anwendung von § 321a ZPO kann sich auch nach Auffassung derer, die die Analogie grundsätzlich befürworten (vgl. Müller„ NJW 2002, 2743 [2746]; Schmidt, MDR 2002, 915 [918]), nämlich nur dann ergeben, wenn sonstige Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts von vornherein unzulässig wären, sodass der Weg einer Fortsetzung des Verfahrens nach dieser Vorschrift die alleinige Möglichkeit für die unterlegene Partei wäre, ein sie belastendes rechtskräftiges Urteil noch zu verhindern; gerade dies ist Sinn und Zweck des § 321a ZPO, wie aus seinem Abs. 1 Nr. 1 auch eindeutig hervorgeht. Eine solche Situation liegt hier jedoch nicht vor: Gegen das Senatsurteil vom 6.11.2002 konnte die Klägerin nämlich eine Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 544 ZPO einlegen. Zwar ist gem. § 26 Nr. 8 EGZPO in der Übergangszeit bis zum 31.12.2006 eine Revisionsbeschwer über 20.000? erforderlich. Diese liegt aber vor. Wie sich aus dem Senatsbeschluss vom 6.11.2002 ergibt, übersteigt der Wert des Streitgegenstandes für die Berufungsinstanz den Betrag von 20.000,00?. Dieser Wert deckt sich mit der Beschwer der Klägerin. Der Senat hat nämlich einerseits die zur Aufrechnung gestellten Forderungen der Beklagten i.H.v. insgesamt 20.227,99 DM, also 10.342,41?, für berechtigt erklärt sowie der Klägerin diejenigen Ansprüche, die diese hilfsweise zur Aufrechnung gestellt hatte, aberkannt. Die Klägerin hatte Ansprüche i.H.v. 12.480 DM sowie 11.000 geltend gemacht, insgesamt also 23.480 DM, mithin 12.005,13 Euro. Die Klägerin ist danach durch das Senatsurteil i.H.v. insgesamt (10.342,41 Euro + 12.005,13 Euro =) 22.347,54 Euro beschwert, was infolge eines Versehens im Beschluss vom 6.11.2002 nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen ist. Die Beschwer überstiege 20.000 Euro im Übrigen auch dann, wenn man annehmen wollte, die Gegenforderungen der Klägerin seien nur bis zur Höhe der Aufrechnungsforderungen der Beklagten zur (Gegen-)Aufrechnung gestellt worden.

Eine Nichtzulassungsbeschwerde wäre demnach statthaft. Die von der Klägerin geltend gemachten Rügen könnten jedenfalls ihrer Art nach durchaus Gegenstand eines Revisionsverfahrens sein. Mit der Einführung des Kriteriums „Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung” in § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hat der Gesetzgeber Möglichkeiten für das Revisionsgericht geschaffen, im Einzelfall auch individuellen Rechtsschutz zu gewähren, und zwar auch in Fällen, in denen Verfahrensgrundrechte, insbesondere das Grundrecht auf rechtliches Gehör, verletzt sind (vgl. dazu auch Müller, NJW 2002, 2743 [2745]; BGH v. 7.3.2002 – IX ZB 11/02, MDR 2002, 901 = BGHReport 2002, 431 = NJW 2002, 1577 l.Sp.).

Im Ergebnis wäre also jedenfalls eine Nichtzulassungsbeschwerde statthaft, sodass bereits aus diesem Grund der Weg des § 321a ZPO nicht eröffnet ist; einer Entscheidung der Frage, ob § 321a ZPO auf unanfechtbare Berufungsurteile anzuwenden ist, bedarf es nicht.

Dr. Schmid Dr. Wiebking Dr. Stoll

 

Fundstellen

Haufe-Index 1104129

BauR 2003, 927

MDR 2003, 593

OLGR Düsseldorf 2003, 31

OLGR Frankfurt 2003, 31

OLGR Hamm 2003, 31

OLGR Köln 2003, 31

BrBp 2003, 83

KG-Report 2003, 31

OLGR-BHS 2003, 31

OLGR-CBO 2003, 31

OLGR-CBO 2003, 93

OLGR-KSZ 2003, 31

OLGR-KS 2003, 31

OLGR-MBN 2003, 31

OLGR-NBL 2003, 31

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge