Leitsatz (amtlich)

1. Zur Bemessung des Wertes eines Unterlassungsanspruchs in Wettbewerbssachen.

2. Ob der Streitwert eines einstweiligen Verfügungsverfahrens niedriger anzusetzen ist als der der Hauptsache, ist eine Frage des Einzelfalls. Wenn keine besonderen Umstände vorliegen, ist von dem Wert des (etwaigen) Hauptsacheverfahrens ein Abschlag von 1/3 vorzunehmen.

 

Normenkette

GKG § 68 Abs. 1; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Beschluss vom 18.09.2009; Aktenzeichen 7 O 121/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers wird der Beschluss der 7. Zivilkammer (1. Kammer für Handelssachen) des LG Lüneburg vom 18.9.2009 in der Gestalt des Abhilfebeschlusses vom 19.11.2009 abgeändert.

Der Wert des erstinstanzlichen Verfahrens beträgt bis 7.000 EUR.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt, der Antragsgegnerin zu untersagen, in einem Anzeigenblatt einen redaktionell gestalteten Bericht über ein gewerbliches Unternehmen zu veröffentlichen, sofern auf der gleichen Seite eine Anzeige des Unternehmens platziert wird, über das redaktionell berichtet wird.

Das LG hat den Verfahrenswert in dem angefochtenen Beschluss auf 4.000 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dies sei 1/5 des Hauptsachestreitwertes. Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers hat es den Streitwert auf 5.000 EUR festgesetzt und der Streitwertbeschwerde im Übrigen nicht abgeholfen. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, ausgehend von einem Wert der Hauptsache von 10.000 EUR sei ein Abschlag von 50 % vorzunehmen.

II. Die von den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers im eigenen Namen eingelegte Beschwerde ist nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde hat auch zum Teil Erfolg.

1. Gemäß § 3 ZPO ist der Wert nach freiem Ermessen im Wege der Schätzung zu bestimmen. Maßgeblich für die Schätzung ist bei einem - wie hier - auf Unterlassung von Wettbewerbsverstößen gestützten Verfahren das Interesse, das der Kläger an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße hat. Dieses Interesse wird maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit für den Wettbewerber anhand des ihm drohenden Schadens (wie Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden) bestimmt. Dabei sind u.a. die Unternehmensverhältnisse bei dem Verletzer und dem Verletzten (Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft, Marktstellung und deren voraussichtliche Entwicklung), die Intensität des Wettbewerbs zwischen beiden (in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht), die Auswirkungen zukünftiger Verletzungshandlungen (Ausmaß, Intensität und Häufigkeit, indiziert durch die bereits begangene Verletzungshandlung), die Intensität der Wiederholungsgefahr (Verschuldensgrad, späteres Verhalten) zu berücksichtigen (vgl. KG, Beschl. v. 26.11.2004 - 5 W 146/04, zitiert nach juris, Tz. 4; Ahrens/Berneke, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kapitel 40 Rz. 37 f.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kapitel 49 Rz. 11 f.).

Nach dieser Maßgabe hielte der Senat - wie auch von dem LG in seinem Abhilfebeschluss zugrunde gelegt und auch vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers nicht angezweifelt - unter Berücksichtigung aller vorliegenden Umstände des vorliegenden Falles für ein etwaiges Hauptsacheverfahren einen Streitwert von 10.000 EUR für sachgerecht.

2. Auch der Wert eines Verfügungsverfahrens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Er wird allerdings regelmäßig niedriger anzusetzen sein als der der Hauptsacheklage auf Unterlassung. Falls keine besonderen Umstände vorliegen, ist nach Auffassung des Senats von dem Wert des (etwaigen) Hauptsacheverfahrens ein Abschlag von 1/3 vorzunehmen. Demgemäß ist der Streitwert für das erstinstanzliche Verfügungsverfahren vorliegend auf bis 7.000 EUR festzusetzen.

a) Die Wertbemessung von Verfügungsverfahren in auf Unterlassung gerichteten Wettbewerbsverfahren ist streitig (vgl. die Rechtsprechungsübersicht bei

Harte/Henning/Retzer, UWG, 2. Aufl., § 12 Rz. 844 ff.).

aa) Ein Teil der Rechtsprechung bewertet Unterlassungsanträge in Verfügungs- und Hauptsacheverfahren trotz des unterschiedlichen Streitgegenstandes dieser Verfahren grundsätzlich gleich, weil die einstweilige Verfügung im Wettbewerbsprozess im Allgemeinen auf eine endgültige Regelung abziele und ein solches Ergebnis von vornherein wahrscheinlich sei (vgl. z.B. OLG München, Beschl. v. 31.5.1985 - 6 W 1207/85, WRP 1985, 661).

Gegen die Richtigkeit dieser Ansicht spricht nach Auffassung des Senats, dass die einstweilige Verfügung nur auf die vorläufige Sicherung, nicht aber auf die endgültige Durchsetzung des materiell-rechtlichen Anspruchs gerichtet ist. Eine bloß vorläufige Regelung hat für den Antragsteller regelmäßig nicht schon deshalb dieselbe wirtschaftliche Bedeutung wie ein Titel in ...

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