Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Streitwert einer auf Unterlassung von Verstößen gegen § 16a EnEV gerichteten Klage

 

Leitsatz (amtlich)

Der Senat bewertet den Streitwert von gegen Immobilienmakler gerichteten Klagen, die auf die Unterlassung von Verstößen gegen § 16a EnEV in einer Anzeige für den Verkauf einer Immobilie gerichtet sind, im Ausgangspunkt regelmäßig mit 15.000 EUR, wenn Angaben nach § 16a Abs. 1 EnEV entweder vollständig fehlen oder zumindest die Angabe des Energiebedarfs oder -verbrauchs nach § 16a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EnEV fehlt. Fehlen demgegenüber in einer solchen Anzeige nur einzelne andere der in § 16a Abs. 1 S. 1 EnEV vorgeschriebenen Angaben, bewertet er einen solchen Verstoß regelmäßig nur mit jeweils 5.000 EUR. Sind solche Verstöße insbesondere in einer Vermietungsanzeige nach § 16a Abs. 2 EnEV enthalten, hält er eine Bewertung regelmäßig mit 9.000 EUR bzw. - im Falle des Fehlens nur einzelner sonstiger Angaben - mit 3.000 EUR für sachgerecht.

 

Normenkette

EnEV § 16a; GKG § 53 Abs. 1 Nr. 1; UWG § 8 Abs. 3 Nr. 3; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

LG Stade (Aktenzeichen 8 O 86/18)

 

Tenor

Auf die Streitwertbeschwerde des Beklagten vom 21. März 2019 wird die Streitwertfestsetzung in dem Versäumnisurteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stade vom 1. März 2019 teilweise geändert und der Streitwert auf 17.000,00 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Streitwertbeschwerde zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Das Landgericht hat den Streitwert zu hoch festgesetzt.

1. Der Streitwert ist gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO nach freiem Ermessen im Wege der Schätzung zu bestimmen. In Verfahren, in denen es - wie hier - um die Unterlassung von Wettbewerbsverstößen geht, ist für diese Schätzung das Interesse maßgeblich, das der Antragsteller an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße hat. Kriterien zur Bestimmung dieses Interesses sind allgemein vor allem die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit für den Wettbewerber im Hinblick auf den ihm drohenden Schaden (z. B. Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden), die Unternehmensverhältnisse beim Verletzer und Verletzten (Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft, Marktstellung und deren voraussichtliche Entwicklung), die Intensität des Wettbewerbs zwischen beiden Parteien in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht, wobei auch die Auswirkungen zukünftiger Verletzungshandlungen (Ausmaß, Intensität und Häufigkeit, indiziert durch die bereits begangene Verletzungshandlung, die Intensität der Wiederholungsgefahr, Verschuldensgrad, späteres Verhalten) zu berücksichtigen sind (vgl. Senat, Urteil vom 2. August 2012 - 13 U 4/12, juris Tz. 29).

Klagt - wie vorliegend - ein Verbraucherverband nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG, so ist das satzungsmäßig wahrgenommene Verbraucherinteresse zu schätzen (Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 12 Rn. 5.9 m. w. N.; Senat, Beschluss vom 21. September 2015 - 13 W 57/15, n. v.).

2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hält der Senat für das vorliegende Verfahren, in dem die Unterlassung von vier Verstößen gegen § 16a EnEV begehrt wurde, einen Streitwert von insgesamt 17.000 EUR für angemessen.

Zwar kommt den Angaben zum Streitwert in einer Klage- bzw. Antragsschrift eine indizielle Bedeutung zu, insbesondere wenn sie zu einem Zeitpunkt abgegeben werden, in dem die Kostentragungspflicht noch offen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2012 - X ZR 110/11, juris Tz. 4; Senat, Beschluss vom 23. April 2013 - 13 W 32/13, juris Tz. 5). Sie ist daher der Streitwertfestsetzung regelmäßig zu Grunde legen, es sei denn, dass sich aus den Umständen die Fehlerhaftigkeit der Angabe ergibt (Senat, Beschluss vom 14. Juni 2011, 13 U 50/11, juris Tz. 3; KG, Beschluss vom 9. April 2010 - 5 W 3/10, juris Tz. 4).

Hier ist jedoch nicht ersichtlich, dass das Verbraucherinteresse unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls mit einem Wert von insgesamt 17.000 EUR nicht angemessen berücksichtigt wäre.

Der Kläger hat seiner Wertangabe in der Klageschrift zwar die bisherige Rechtsprechung des Senats für sich genommen zutreffend zugrunde gelegt, nach der ein Verstoß gegen § 16a EnEV grundsätzlich mit einem Streitwert von jeweils 15.000 EUR zu bewerten sei (zuletzt: Beschlüsse vom 23. Juli 2018 - 13 W 41/18 und vom 15. April 2019 - 13 W 11/19, nicht veröffentlicht). Auch sonst wurden und werden vergleichbare Verstöße in der Rechtsprechung überwiegend jeweils mit 15.000 EUR - teilweise auch höher - bewertet, wobei einzelne dieser Entscheidungen diesen Streitwert gerade für den Fall angenommen haben, dass nur einzelne der nach § 16a EnEV vorgeschriebenen Angaben fehlten (vgl. u.a. Nachweise im Senatsbeschluss vom 23. Juli 2018 a.a.O.).

An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach erneuter Überprüfung aber teilweise nicht m...

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